Die soziale Seite des Arbeitsrechts: Von ESG bis Mental Health

Die soziale Seite des Arbeitsrechts: Von ESG bis Mental Health

Inhalt

In meinem Alltag erlebe ich die Wahrnehmung gegenüber dem Arbeitsrecht häufig als Instrument, das in Konfliktsituationen greift: bei Streitigkeiten über Arbeitszeiten, Tarifverhandlungen oder Kündigungen. Doch das Arbeitsrecht hat auch eine wesentlich „sanftere“ und präventive Seite. Das ist sogar der Ursprung des Arbeitsrechts – seine Schutzfunktion nämlich!

Es ist eine sichere Leitplanke, die sicherstellt, dass sich alle Beteiligten unter transparenten und fairen Bedingungen bewegen können. Schade – denn diese friedenssichernde Funktion des Arbeitsrechts steht oft im Schatten der medialen Berichterstattung über Rechtsstreitigkeiten. Genau darum möchte ich die positiven Aspekte des Arbeitsrechts beleuchten und zeigen, wie zum Beispiel die ESG-Kriterien und die Etablierung von Mental Health Coaches in Unternehmen zu einer sozialen und nachhaltigen Arbeitsumgebung beitragen können. Passt ja auch perfekt zu meiner „Zwitterrolle“ als Arbeitsrechtlerin, Mediatorin und Coach.

Der Grundsatz der Gleichbehandlung

Ein zentrales Element des Arbeitsrechts ist der Grundsatz der Gleichbehandlung, der zwar nicht explizit arbeitsrechtlich geregelt ist, sich aber aus der Rechtsprechung ergaben hat und durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sowie das Entgelttransparenzgesetz oder das Teilzeitbefristungsgesetz ergänzt wird.

Gleichbehandlung im Arbeitsrecht Britta Redmann

Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Arbeitnehmenden gleich zu behandeln, sofern keine sachlichen Gründe für eine unterschiedliche Behandlung vorliegen. Dieser Grundsatz sorgt dafür, dass alle Arbeitnehmenden fair behandelt werden und gleiche Chancen haben. Dies fördert nicht nur ein positives Betriebsklima, sondern trägt auch zur langfristigen Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden bei.

Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer

Der Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer ist ein weiteres wesentliches Element des Arbeitsrechts und von besonderer Bedeutung im Rahmen der sozialen Nachhaltigkeit. Neben der Einhaltung des zwingenden nationalen Rechts, wie dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG), dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) und dem Mindestlohngesetz (MiLoG), umfasst dies auch die Sicherstellung der Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften und -normen, wie dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Durch die Einführung von Sicherheitsschulungen und Meldesystemen zur Verhütung von Unfällen und Zwischenfällen können Arbeitgeber aktiv zur Gesundheit und Sicherheit ihrer Mitarbeiter beitragen.

ESG-Kriterien und ihre Bedeutung

ESG steht für Environmental, Social, and Governance und umfasst Kriterien, die Unternehmen dabei helfen, nachhaltig und verantwortungsvoll zu handeln. Die sozialen Kriterien (Social) im ESG-Rahmenwerk beziehen sich auf die Beziehungen eines Unternehmens zu seinen Mitarbeitern, Lieferanten, Kunden und den Gemeinschaften, in denen es tätig ist. Dazu gehören unter anderem:

  • Arbeitnehmerrechte und Arbeitsbedingungen: Sicherstellung fairer Arbeitsbedingungen, gerechter Bezahlung und Schutz der Arbeitnehmerrechte.
  • Diversität und Inklusion: Förderung einer vielfältigen und inklusiven Arbeitsumgebung.
  • Gesundheit und Sicherheit: Implementierung von Maßnahmen zur Gewährleistung der physischen und psychischen Gesundheit der Mitarbeiter.

Durch die Integration von ESG-Kriterien in die Unternehmenspolitik können Unternehmen nicht nur ihre soziale Verantwortung wahrnehmen, sondern auch langfristig erfolgreicher und wettbewerbsfähiger werden. Eine nachhaltige und innovative Vergütungspolitik mit monetären und nichtmonetären Bausteinen trägt wesentlich zur finanziellen Stabilität und Zufriedenheit der Mitarbeiter bei, indem sie langfristig motivierte und loyale Belegschaften fördert und die soziale Nachhaltigkeit des Unternehmens stärkt. Gleiches gilt für die Sicherstellung von Equal Pay, die Chancengleichheit und die Bekämpfung von Diskriminierung gewährleistet. Dies fördert ein inklusives und gerechtes Arbeitsumfeld und ist ein Indikator für die soziale Verantwortung des Unternehmens. Die sinnvolle Erfassung der Arbeitszeit spielt eine entscheidende Rolle beim Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter und der Sicherstellung einer ausgewogenen Work-Life-Balance. Sie erhöht die Transparenz und das Vertrauen innerhalb des Unternehmens und hilft, gesetzliche Anforderungen einzuhalten und Arbeitszeitmissbrauch zu vermeiden. Durch die Integration dieser „sicheren“ Elemente in die Unternehmenspolitik können Unternehmen ihre soziale Verantwortung stärken und langfristig erfolgreicher und wettbewerbsfähiger werden.

Mental Health Coaches als sichtbarer Ausdruck der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Ein zunehmend wichtiger Aspekt der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und seiner Maßnahmen in Sachen Arbeitsschutz ist die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden. Stress, Überlastung und psychische Erkrankungen nehmen seit Jahren stetig zu – quasi seit Ausbruch der Corona-Pandemie jagt eine Krise die nächste und alle haben Auswirkungen auf unsere Arbeitswelt und auf uns Menschen. Eine noch viel zu selten genutzte Maßnahme zur Unterstützung der Mitarbeitenden in diesem Bereich ist die Etablierung von Mental Health Coaches in Unternehmen. Mental Health Coaches können:

  • Unterstützung bieten: Individuelle Beratung und Unterstützung bei psychischen Belastungen und Stress.
  • Prävention fördern: Workshops und Schulungen zur Förderung eines gesunden Umgangs mit Stress und zur Stärkung der Resilienz anbieten.
  • Vertrauen aufbauen: Als vertrauenswürdige Ansprechpartner fungieren und eine Brücke zwischen Mitarbeitern und Management schlagen.

Durch die Implementierung solcher Maßnahmen können Unternehmen aktiv zur psychischen Gesundheit ihrer Mitarbeitenden beitragen und ein unterstützendes und gesundes Arbeitsumfeld schaffen. Es ist eine Pflicht des Arbeitgebers und eine sehr positive (und präventive) Vorgabe des Arbeitsrechts. Die Fürsorgepflicht verlangt vom Arbeitgeber, präventive Maßnahmen zu ergreifen, um Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und sonstige Gesundheitsgefahren zu vermeiden, wodurch der Arbeitsschutz konkretisiert und umgesetzt wird. Hier kann ein gut umgesetzter Arbeitsschutz durchaus Stabilität und Sicherheit geben.

Schade, dass Rechtsstreitigkeiten und Konflikte im Arbeitsrecht, wie Auseinandersetzungen über Arbeitszeiten, Tarifverhandlungen oder Kündigungswellen, so viel mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erhalten als die positiven Schutzfunktionen des Arbeitsrechts. Diese einseitige Wahrnehmung verzerrt das Bild des Arbeitsrechts und lässt seine präventiven und schützenden Aspekte in den Hintergrund treten.

(Meine) Ideen zur Verbesserung der Wahrnehmung des Arbeitsrechts

  • Öffentliche Aufklärung: Kampagnen und Informationsveranstaltungen, die die positiven Seiten des Arbeitsrechts und die Bedeutung von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz hervorheben.
  • Best Practice Beispiele: Veröffentlichung von Fallstudien und Berichten über Unternehmen, die erfolgreich ESG-Kriterien und Maßnahmen zur psychischen Gesundheit implementiert haben. Hier sind wir alle gefragt: Was ist bei euch schon möglich und umgesetzt? Was wünscht ihr euch? Wo könnt ihr selbst aktiv werden?
  • Partnerschaften und Netzwerke: Zusammenarbeit mit Institutionen, die sich für Arbeitnehmerrechte und -gesundheit einsetzen, um gemeinsam Bewusstsein zu schaffen und positive Veränderungen voranzutreiben.
  • Regelmäßige Berichterstattung: Unternehmen könnten regelmäßig über ihre Maßnahmen und Erfolge im Bereich Arbeitsschutz und Mitarbeiterwohlbefinden berichten und diese Informationen transparent kommunizieren. Aber bitte nicht nur, weil das dem Employer Branding dient oder gut in den Jahresbericht passt!

Fazit

Das Arbeitsrecht ist weit mehr als ein Instrument zur Regelung von Konflikten. Es ist ein wesentliches Element für den Schutz und die Förderung der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmenden. Es ist kein „Pflichtbaustein“, sondern ein Schutzschirm und Treiber sozialer Zusammenarbeit, weil es durch faire Regelungen und den Schutz der Arbeitnehmerrechte eine gerechte, inklusive und konfliktfreie Arbeitsumgebung fördert.

Ein Urteil ist zwar nicht die schlechteste aller möglichen Lösungen – aber oft sehe ich den Möglichkeitsraum einfach nicht ausgeschöpft. Dabei sprechen die Investitionen – sowohl Zeit wie auch Geld und Beziehungsstärkung – alle durchaus für außergerichtliche und trotzdem sehr gerechte Lösungen!

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