KI im HR Britta Redmann

Chancen und Grenzen von KI im HR

Inhalt

Erinnert ihr euch noch an Zeiten, in denen Personaler:innen angeblich Bewerbungsmappen nach der Farbe vorselektiert haben? Das mag dem oft aufwändigen Prozess des Screenings von Bewerbungsunterlagen angedichtet worden sein. Aber es belegt plakativ, dass wir auch nicht immer fair selektiert haben. Heute sind es weder Stapel, die durchzusehen sind noch eine Flut von E-Mails. Aber erst recht brauchen wir im HR „gute“ Kriterien für die Personalauswahl. Wir brauchen Zeit für „gute“ Personalarbeit.
Gibt`s da nicht was mit künstlicher Intelligenz…?

Chatbots in der Personalauswahl

Immer noch – trotz Fachkräftemangel und personeller Engpässe, berichten Bewerbende von mangelhaften Erfahrungen im Bewerbungsprozess. Fehlende Rückmeldung, elend lange Wartezeiten, ausbleibende Antworten auf Fragen zum Prozess… Dabei ist die Candidate Experience, also die Reise hin zum Job, doch das Schönste, was Bewerbende erfahren können.
Und hier sehe ich durchaus einen guten Ansatzpunkt für die KI.
Chatbots können verwendet werden, um mit Bewerbenden in einem automatisierten Prozess zu interagieren und Informationen über ihre Qualifikationen, Fähigkeiten und Erfahrungen zu sammeln. Sie können Bewerbende bei Fragen zu einem Stellenangebot, zum Bewerbungsprozess oder zu Unternehmensinformationen unterstützen. Dadurch – und das steht für mich bei der Bewertung des Einsatzes von KI im Vordergrund! – werden HR-Verantwortliche erheblich entlastet und können sich auf andere wichtige Aufgaben konzentrieren.

Chatbots können den Bewerbungsprozess beschleunigen und so Zeit und Ressourcen sparen. Die Automatisierung von Aufgaben wie das Screening von Bewerbenden nach vorgegeben Kriterien oder die Beantwortung von Standardfragen spart Zeit und zeugt von Geschwindigkeit. Nicht zuletzt beweist der Einsatz neuer Technologien auch die digitale Reife eines Unternehmens. Längst werden Chatbots nicht mehr als „Barriere“ zum Unternehmen angesehen, sondern genau umgekehrt als schneller Türöffner.
Erst wenn es „wirklich“ menschelt – nämlich im Bewerbungsgespräch – dann dürfen sich durchaus humanoide Intelligenzen in die Augen schauen. Der Moment kommt mit KI viel schneller und das wiederum ist in Zeiten knapper Personalressourcen ein entscheidender Wettbewerbsvorteil!

Personenbezogene Daten – was darf man überhaupt?

Eine KI ist nur so gut wie der, der sie mit Daten füttert – und so kann eine KI auch nur die Daten verwenden, mit denen Sie versorgt wird. Wenn also der DSGVO Rechnung getragen wird in Bezug auf die Einwilligung zur Datenverarbeitung für den bestimmten Zweck – nämlich den Recruiting Prozess – dann gilt das eben auch für die in diesem Prozess eingesetzten. Tools. Nicht zuletzt wird dies auch noch einmal verstärkt durch die zwingende Notwendigkeit des Einbezugs des Betriebsrates, wenn es um den Einsatz von KI in Bewerbungsverfahren geht.

Sicher macht die technische Datenverarbeitung den Zugriff auf personenbezogenen Daten einfacher. Hier aber den Chatbot als „Bösewicht“ vorzuschieben, wäre aus meiner Sicht falsch bzw. eindimensional. Menschliche Fehler sind kaum auszuschließen. Die offene Bürotür mit den Bewerbungsunterlagen auf dem Tisch ist nicht viel unwahrscheinlicher und ganz ehrlich erlebe ich immer noch viel zu oft wilde „Mailverteiler“, an die Bewerberdaten weitergeleitet werden.
Ich finde ganz umgekehrt, dass der Einsatz von KI alle menschlichen Beteiligten im Prozess noch einmal dafür sensibilisiert auf die personenbezogenen Daten ein wachsames Auge zu haben. Künstliche und menschliche Intelligenz wirken hier also positiv in die gleiche Richtung!

KI im“Alltagsbetrieb“

Personalbeurteilung, Zeiterfassung, Arbeitszeugnis, Vertragserstellung, Personalcontrolling, Lohnabrechnung… es sind durchaus eine Menge Routineaufgaben, die im HR anfallen. Manche davon turnusmäßig – immerhin erwarten Mitarbeitende pünktlich ihr Gehalt -, andere in eher unplanbaren Zeitabständen, gerade wenn es um Personalwechsel geht. Und doch sind es Standardaufgaben. Vorausgesetzt erfahrene Personaler:innen füttern eine KI mit dem, was sie über Jahre hinweg an Erfahrung und Wissen gesammelt haben – warum sollten da nicht gute Ergebnisse herauskommen? Immerhin ist eine unsere größten Herausforderungen im HR der Wissensverlust, wenn Mitarbeitende das Unternehmen verlassen. Manchmal – so geht es mir – ist es auch mein eigener Wissensverlust, wenn ich genau weiß, dass ich einen großartigen Text schon einmal geschrieben hab und die passend Formulierung nicht mehr schnell zur Hand habe. HR ist ein menschenzentrierter Job. Das heißt aber nicht, dass wir nicht Unterstützung durch ein Tool gebrauchen können. Immerhin ist unser Hirn begrenzt – im Gegensatz zum Speicher einer KI.

Wenn wir bestimmte Regeln festlegen, dann kann ich mir so einen HR-Wissensspeicher sehr gut vorstellen im HR. Hier brauchen wir unterschiedliche Perspektiven, die ihr Wissen in ein Tool übertragen, damit Standardprozesse fair und wertfrei ablaufen.
Im Forschungsprojekt ExamAI wurden Handlungsempfehlungen zur Prüfung von KI im HR-Management veröffentlicht. Vor allem die hohen Diskriminierungsrisiken einer KI im HR werden hier betont. Auch hier gilt: KI macht erst offensichtlich, was auch im rein menschlichen Personalmanagement Schwachstellen sein können. Menschen urteilen innerhalb ihrer eigenen Ermessensspielräume, in ihrer begrenzten Erfahrungswelt und klar auch geprägt durch Vorurteile und Biases. Die können durchaus durch eine KI validiert und relativiert werden. Das bringt sicher keine schnellen Erfolge und Zeitersparnisse. Aber mit der Zeit schaffen wir es sicher uns digitale Assistenzen zu trainieren, die uns Arbeit abnehmen – davon bin ich überzeugt.
Längst nicht alles, was im Personalmanagement an Arbeit anfällt, wird jedes Mal „von null aus“ entwickelt. Ob die Bausteine für ein Arbeitszeugnis nun aus dem (eigenen, begrenzten) Fundus oder dem (viel größeren Datenbestand) einer KI kommen – da hört sich letztes doch durchaus fortschrittlicher und objektiver an.
Den emotionalen Touch in ein solches Dokument zu bringen – dafür haben wir Personaler:innen dann viel mehr Zeit!

Die arbeitsrechtliche Perspektive

KI-Systeme sind derzeit als ein Werkzeug oder Hilfsmittel zu betrachten, das von Menschen genutzt wird, um bestimmte Aufgaben zu erfüllen. Die Verantwortung für den Einsatz von KI-Systemen im Arbeitsumfeld liegt aber allein bei den beteiligten Personen, also den Arbeitgebenden und HR´ler:innen.
Es gibt jedoch einige rechtliche Fragen im Zusammenhang mit KI im Arbeitsrecht, die berücksichtigt werden müssen. Zum Beispiel können Fragen der Haftung und Verantwortlichkeit im Falle von Schäden oder Diskriminierung durch KI-Systeme aufkommen. Es ist wichtig, dass wir alle uns bewusst sind, dass KI-Systeme möglicherweise nicht frei von Vorurteilen oder Diskriminierung sind und dass wir entsprechende Maßnahmen ergreifen, um diese Risiken zu minimieren.
KI-Anwendungen sind zumindest aktuell keine eigenständigen Rechtspersonen im Arbeitsrecht. Zum jetzigen Zeitpunkt können uns sollen sie das auch nicht sein. Umso bedeutender ist es beim Einsatz von KI-Systemen im Arbeitsumfeld die rechtlichen Rahmenbedingungen und Verantwortlichkeiten berücksichtigen und sicherstellen, dass die Verwendung von KI-Systemen im Einklang mit den geltenden Gesetzen und ethischen Standards steht. Das aber unterschiedet die KI nicht von uns selbst.

Fazit

Unterstützen: ja
Ersetzen: nein
Das wäre meine Kurzversion zum Einsatz von KI im HR. Es gibt durchaus sinnvolle Anwendungsfelder, die Personalarbeit schneller und effizienter machen. Ich gebe der KI eine Chance und finde viele Bedenken sicher sinnvoll, manche aber auch überzogen. Immerhin wurden auch in der Vergangenheit schon Vorlagen und Bausteine für einzelne Prozesse der Personalarbeit zugekauft und das oft mit viel weniger Vorsicht und Regulierung. Ich finde es ganz spannend zu testen, was der Bot zu meinen Fragen sagt – das heißt ja noch lange nicht, dass wir die menschliche Intelligenz abschalten sollten. Das Gegenteil tut uns gut!
Wenn wir Menschen dann mehr Zeit haben für echte Kommunikation, individuellen Austausch und innovative Personalstrategien – alles also, was auf Mitarbeiterbindung und Unternehmenserfolg unmittelbar positiv einzahlt – dann hat der oder die digitale Assistent:in den Job sehr gut gemacht!

Quellen:

ExamAI: https://testing-ai.gi.de/meldung/exam-ai-policy-brief-ki-pruefung-im-personalwesen-1
Künstliche Intelligenz und Arbeitsrecht: https://www.boeckler.de/fpdf/HBS-008472/p_hsi_schriften_46.pdf

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