Rezept & Checkliste hybride Arbeit Britta Redmann

Hybrides Arbeiten – eine Checkliste zur erfolgreichen Umsetzung

Inhalt

In einer innovativen, komplexen Arbeitswelt werden wir in Zukunft wohl öfter über Mischformen in der Zusammenarbeit nachdenken müssen. Über die verschiedenen Aspekte von hybrider Arbeit, ihrer Vorteile und ggf. auch der Komplexität habe ich bereits einige Gedanken geteilt.
Dabei die genau richtige Verbindung von Arbeiten in Präsenz und mobiler Arbeit innerhalb eines Unternehmens, eines Teams und ja, sogar mit Kunden perfekt hinzubekommen, ist sicherlich eine Herausforderung. Es ist komplex – doch es ist möglich!
Für diejenigen, die diese Challenge annehmen, hier die wesentlichen Punkte, die eine erfolgreiche Einführung unterstützen:

Hybrid ist ein Zusammenspiel

Erfolgreiches hybrides Arbeiten passiert nicht einfach von selbst. Ähnlich wie bei einem leckeren Gericht benötigt man verschiedene Zutaten, damit es am Ende auch gelingt. Es geht also vielmehr um die Zubereitung und Beigabe verschiedener Zutaten – oder eben Voraussetzungen – damit es am Schluss möglichst allen schmeckt.
Wesentliche Erfolgskriterien für hybrides Arbeiten sind folgende:

⇒ Einheitlicher Regelungsrahmen
⇒ Rechtliche Gestaltung
⇒ Technik & Raumkonzepte etablieren
⇒ Reflexion als gemeinsames Lernen

Hybrides Arbeiten braucht einen klaren Rahmen

So paradox das klingen mag: je mehr Flexibilität gewünscht ist – umso mehr Verbindlichkeit braucht es zwischen den Beteiligten. Sonst kann es leicht passieren, dass hybride Arbeitsmodelle in Chaos und Frustration ausarten, statt wie angestrebt, den Beteiligten die Zusammenarbeit zu erleichtern und sich natürlich bestenfalls am Ende auch positiv auf den Unternehmenserfolg auszuwirken.

Hybride Modelle sind komplex und benötigen schon deswegen eine klare Orientierung. Wie das gelingt? In dem es einen vorher definierten Rahmen gibt, in dem die Bedingungen und Regeln für hybrides Arbeiten klar definiert sind. Dieser Rahmen ist der „Leitstern“ für jedes Unternehmen. Er bildet den Nutzen und die Ziele ab, die mit hybriden Arbeiten erreicht werden sollen und er dient dazu, dass sich alle, immer wieder – insbesondere in Zweifelsfällen – an ihm ausrichten können.
Mögliche Inhalte eines solchen Rahmens können sein, welche Aufgaben sich überhaupt für hybrides Arbeiten in welchem Umfang eignen. Zu klären ist, wieviel Planungsverbindlichkeit notwendig ist, damit möglichst wenig administrativer Aufwand entsteht. Wichtig auch: wer entscheidet? Werden die Regeln von „oben“ vorgebeben oder wieviel Mitsprachemöglichkeiten bestehen in den Teams oder gar beim Einzelnen?

⇒ Checkliste für einen hybriden Regelungsrahmen

• Eignet sich die Aufgabe / Tätigkeit für hybride Arbeit
• Umfang der mobilen bzw. remote Zeiten festlegen:
o z.B. zwischen 0% – 100 %
o Oder tageweise (z.B. 2 Tage /Woche)
o Ausschließlich mobil / remote möglich bei einer Entfernung von 80 km/
Fahrweg von über 1,5 Stunden.
• Vorgabe des Umfangs einheitlich im Unternehmen oder
• Frei wählbar in den Teams.
• Gestaltung hybrides Onboarding:
o Braucht es für die Einarbeitung anderer Regelungen im Team?
o Bestimmte Präsenzzeiten am Anfang sinnvoll?
o Müssen persönliche Kontakte gewährleistet sein?
• Wie arbeiten die Teams hybrid zusammen?
o Darf jeder z.B. kommen wann er will oder braucht es feste Zuordnungen von „mobilen“ Tagen?
o Welche Meetings oder Zeiten müssen in Präsenz sein?
o Wie gelingt persönlicher Austausch & Kontakt weiterhin?
o Wer hat welche Bedürfnisse im Team?
o Wo sind teamübergreifende Bedürfnisse nach Kontakt in Präsenz?
• Können alle mit hybrid umgehen oder benötigt es z.B. Schulung & Trainings bei Führung und Mitarbeitern in:
o Online Tools & Methoden einsetzen können,
o Digitaler Kommunikation & Moderation gestalten,
o Besonderheiten hybrider Zusammenarbeit & Führung kennen und umsetzen.
• Vereinbarung konsequenter Regeln, z.B.:
o „Wenn einer remote -> dann alle im Meeting remote.“
o Gleiche Verteilung von präsenter Besetzung Montag – Freitag.
o Quartalsweise persönliche Treffen im Team/Firma
o …

Vertragliche Vereinbarung als Grundlage

Wenn hybrid – und damit teilweise eben mobil oder ganz remote gearbeitet werden soll, bedarf dies rechtlicher Grundlagen. Dabei sollten die Verträge dem jeweiligen im Unternehmen geltenden Rahmenregelungen zu hybrider Arbeit entsprechen. Entweder im Arbeitsvertrag oder soweit ein Betriebsrat vorhanden ist, z.B. durch eine Betriebsvereinbarung. Siehe hier auch https://www.britta-redmann.de/homeoffice-mobile-arbeit-rechtssicher-einfuehren-und-beduerfnisse-erfuellen/

⇒ Checkliste für die vertragliche Gestaltung

• Vertragliche Grundlagen schaffen für
o Mobile Arbeit
o Reine remote Arbeit (Telearbeit).
• Voraussetzungen vereinbaren, wie z.B:
o Freiwilligkeit für beide Seiten
o Geeignete Aufgaben
o Kontakt zum Betrieb
o Art und Weise der gegenseitigen Kommunikation.
• Umfang von Homeoffice bzw. mobiler Arbeit entsprechend festlegen.
• Arbeitszeiten & Erreichbarkeit regeln:
o Erreichbarkeitszeiten und Zeiten, an denen Mitarbeitende nicht erreichbar vereinbaren.
o Wie sollen Arbeitszeiten erfasst werden?
• Welche Arbeits- und Kommunikationsmittel sollen überlassen werden?
• :Kostenübernahme für Aufwandsentschädigungen klären, z.B.:
o Arbeitsplatzausstattung
o Fahrwege / Fahrzeiten
o Anmietung von anderen auswärtigen Büroräumen.
• Informations- und Datensicherheit sowie Datenschutz regeln, z.B.:
o Einschränkung des Zugangs zu Daten
o Sicherstellung Datenschutz
o Entsorgung Unterlagen.
• Arbeitssicherheit & Arbeitsschutz sicherstellen.
• Geltungsdauer (z.B. bei befristeten Regelungen) bestimmen.
• Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates beachten.

Technische Voraussetzung & Raumkonzepte klären

Auch wenn die Vorstellungen noch so edel von hybrider Zusammenarbeit sind: wenn nicht die erforderliche Technik das Vorhaben unterstützt, läuft es nicht.
Es ist also dringend vorher zu klären, welche technischen Gegebenheiten es benötigt, damit auch ein gemeinsames Zusammenspiel in Teams von gleichzeitig präsent & remote überhaupt realisierbar ist. Und diese technische Gestaltung muss ggf. rechtlich geregelt werden.

Bewegliche Raumkonzepte schaffen Möglichkeiten. „Beweglich“ soll hier nicht meinen, jeden Tag anders. Doch eine flexible Raumbelegung und vor allem eine flexible Nutzung kann hybrides Arbeiten enorm fördern. Wenn regelmäßig einige Kolleginnen und Kollegen mobil arbeiten und andere sich im Büro befinden wird der Anteil an Videocalls möglicherweise steigen. Das kann sich auf den Geräuschpegel in den Büros auswirken. Das gilt für Zweier oder Viererbüros genauso wie in den sogenannten „Open-Spaces“. Damit hier erst gar kein Unmut aufkommt ist zu überlegen, wie hier geeignete Lärmschutz und Trennwände Abhilfe schaffen können. Unter Umständen können hier auch direkt Synergien erzeugt werden, was die arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen an die Gestaltung von Arbeitsplätzen bzgl. Abständen im Rahmen von Corona anbelangt. Schon hier hat sich gezeigt: je beweglicher Bürokonzepte und Möbel sind – desto besser sind Unternehmen für den Arbeitsschutz aufgestellt.
Eine andere Möglichkeit kann sein, ob nicht auch vielleicht für bestimmte Tätigkeiten in Präsenz sich die Raumbelegung bei einem hybriden Arbeiten ändert. Ein Beispiel: gab es vorher bestimmte Räume für bestimmte Teams, so könnte sich dies in einem beweglichen Konzept nun anders verteilen, da die Raumnutzung ggf. nach Aufgaben erfolgt. Das könnte dann so aussehen, dass im ehemaligen Großraumbüro der Softwareentwicklung sich nun jeder einen Platz suchen kann, der eher „stille“ Aufgaben verrichtet, also z.B. ein Konzept schreiben, Auswertungen erstellen oder alle Tätigkeiten, die eine große Konzentration erfordern. Aufgaben, die keinen großen Lärm machen und bei deren Verrichtung mehrere dann in einem großen Raum sitzen können ohne den Sitznachbarn zu stören.

Hätte den Vorteil, dass hier ggf. auch immer wieder teamübergreifend Menschen zusammensitzen und miteinander in Kontakt kommen – auch wenn sie nicht im gleichen Team arbeiten.

⇒ Checkliste Technik & Raumkonzepte

• Technische Voraussetzungen & Ausstattung klären.
• Ermitteln, wieviel Arbeitsplätze für genau welche Tätigkeiten benötigt wird.
• Entscheidung treffen über fest zugeordnete Arbeitsplätze oder rollierende Systeme.
• Wie ändert sich Zusammenarbeit und welche Raumausstattung braucht es dann?
• Coworking im eigenen Unternehmen: Tätigkeitsbezogene Arbeitsplätze vs. Teambezogene Arbeitsplätze sinnvoll?
• Bei Nutzung der Arbeitsplätze von verschiedenen Mitarbeitern:
o Hot Desk System (jeweilige schnelle & unkomplizierte Buchung von Arbeitsplätzen)
o Share-Desk-Policy
• Kooperationen mit Co-Working-Spaces für gemeinsames Arbeiten an einem „dritten Ort“.

Reflexion als stetiges gemeinsames Lernen

Vieles haben wir jetzt in den letzten Monaten ausprobieren müssen – noch gezwungen durch Corona. Jetzt dürfen wir kreativ sein. Wie oben beschrieben, ist eine klare Orientierung als Rahmen entscheidend. Doch innerhalb dieses Rahmens dürfen wir ausprobieren und immer wieder reflektieren, ob das Konzept hybrider Zusammenarbeit genau in dem Rahmen seine Wirkung entfaltet. Also die Vereinbarkeit gefördert wird und zwar von Bedürfnissen von Mitarbeitenden genauso wie von unternehmerischen Zielen und Anforderungen. Dafür dürfen und müssen wir Erfahrungen machen und diese vor allem regelmäßig überprüfen. Je nach Resultat braucht es dann neue Anpassungen und/oder weitere mutige Schritte, den Regelungsrahmen auch als stetigen Lern-Prozess zu begreifen, sich im Unternehmen weiter zu verändern und zu verbessern.
Ein sehr hilfreiches Format diese regelmäßige Überprüfung konstruktiv anzugehen, ist die Retrospektive aus den agilen Arbeitsweisen. Hier wird die eigene Zusammenarbeit immer wieder auf das angestrebte Ziel reflektiert und daraus Maßnahmen abgeleitet, wie es zukünftig noch besser laufen kann. Ob es jetzt dieses Format der Retrospektive ist oder ein anderes: wichtig ist, dass gemeinsam reflektiert wird. Nur ein stetiges Lernen und daraus die ggf. notwendigen Anpassungen vorzunehmen wird das hybride Arbeiten der nächsten Jahre prägen und letztendlich erfolgreich etablieren können.

⇒ Checkliste Reflexion

• Kriterien festlegen, an denen der Erfolg für hybrides Arbeiten gemessen wird.
• Steigerung der Arbeitgeberattraktivität / Mitarbeiterbindung / Produktivität.
• Regelmäßige Überprüfungen / Check Ups / Feedbackrunden.
• Maßnahmen ableiten und Anpassungen vornehmen.
• Unternehmensweite Reflexion sowie in den Teams selbst.
• …

Fazit

Ein Rezept ist noch nicht die gekochte Mahlzeit. Ob es am Ende wirklich allen schmeckt, hängt von den passenden Zutaten als auch von der richtigen Zubereitung ab.
Auch beim hybriden Arbeiten gibt es nicht DIE eine richtige Lösung als Erfolgsgaranten. Doch es gibt Möglichkeiten! Und mit einer bedachten Auswahl der Zutaten – hier Klärung der Voraussetzungen – einer Prise Mut und einer großen Portion Bereitschaft von allen, sich immer wieder weiter zu entwickeln, bin ich sicher, dass hier was sehr leckeres in den Unternehmen entstehen kann.

Quellen/Hinweise:

1) https://initiatived21.de/studien-und-publikationen/denkimpulse-new-normal/
2) https://www.wiwo.de/erfolg/beruf/arbeitswelt-nach-corona-hybrides-arbeiten-ist-sicherlich-die-anstrengendste-form/27212258.html

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