New Work - Dinner for One Britta Redmann

NewWork – ein „Dinner for One“

Inhalt

NewWork oder auch „Neues Arbeiten“, „Arbeit 4.0.“, „Collaboration“, „Agilität“ oder „digitale Transformation“ sind Begriffe, die seit einiger Zeit rund um die Unternehmenslandschaft kursieren. Zu all diesen Begrifflichkeiten und Kulturen der Zusammenarbeit wird in den letzten zwei Jahren viel geschrieben, diskutiert, theoretisiert, ja, sogar auch von einigen Unternehmen auch schon ausprobiert. Es gibt Filme, Bücher, Blogs, Unmengen an Tweets und natürlich Barcamps, Hangouts, Act´s, Nights, Events, Veranstaltungen, die hier Informationen vorhalten und verschaffen.
Wir erleben eine rege Beschäftigung mit dem Thema „Arbeit“. Mit „Arbeit“ sind damit meistens nicht die Tätigkeiten des einzelnen gemeint, sondern eher alles das, was inbegriffen ist: Arbeitsorte, Arbeitsräume, Arbeitszeiten und vor allem das „Miteinander“. So wird bei den oben genannten Begrifflichkeiten die „Unternehmenskultur“ fast immer im gleichen Atemzug auch genannt: entsprechend „new-workig“ oder eben collaborativ oder agil oder, oder, oder sollte, müsste, könnte diese Unternehmenskultur sein, damit sich der Geist – oder besser Spirit – auch richtig entfalten kann. Doch was verbirgt sich hinter einem Geist? Und bedarf NewWork auch einer „neuen“ Kultur, also NewCulture? Oder ist das mit der Kultur in Unternehmen eher sowie im „Dinner for One“ bei dem der Zahn der Zeit zwar Veränderungen herbeigeführt hat –nämlich das natürliche Ableben der Gäste – das Ritual der Geburtstagsfeier für Miss Sophie aber tapfer von ihrem angestellten Butler James aufrecht erhalten wird, so dass sie – die Chefin – möglichst keine Veränderung spürt?

#NewWork – „same procedure as last year?“

Natürlich gibt es in Unternehmen mehr als einen Angestellten, und Mitarbeiter sind heutzutage auch nicht unbedingt so ehrfurchtergeben wie Butler James… doch ist es nicht trotzdem so, dass gerade was Veränderungen oder neue Gegebenheiten anbelangt, wir gerne am Alten festhalten? Oder wie hier im Beispiel, dass sich zwar James – der Mitarbeiter – den Veränderungen stellen muss, sich die Arbeitgeberin – Miss Sophie – aber nach wie vor in „ihrer alten Welt“ bewegt und James auch alles tut, damit dies so bleibt? Letztendlich spielen also beide das „alte Spiel“ mit.
Übertragen auf NewWork und alle anderen Begrifflichkeiten bedeutet das: allein das Wissen, Reden und Bemerken von Veränderungen führt den Wandel bei den Betroffenen noch nicht herbei. Um aus dem alten Spiel auszusteigen, bedarf es einer Änderung im Tun – und das bei allen, also Mitarbeitern und Unternehmern. Wissen, Wollen und Tun müssen gleichermaßen im Einklang stehen.


#Vom Konzern zum Start-up


Wollen Unternehmen also ihre Kultur verändern, dann müssen sich in der Regel auch Strukturen, Prozesse und die Kommunikation wandeln, damit sich auch der Umgang miteinander auf allen Ebenen vollziehen und manifestieren kann.
Das geht in der Regel nicht einfach mal „eben so“ und schon gar nicht schnell. Für große – und deswegen oft auch sehr hierarchische – Firmen und Konzerne ist es schwierig, sich komplett in ihrer Organisationsform umzugestalten und Strukturen und Prozesse einfach abzuschaffen. Hinzu kommen auch nicht-disponible rechtliche Auflagen, z.B. durch die Rechtsform der Firma. So sind in einem komplexen Konzern zahllose Genehmigungsverfahren und komplexe vorbeugende Compliance-Maßnahmen notwendig oder üblich, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen und um Unternehmen, Geschäftsführern oder Vorstände nicht in eine ungewollte Haftung geraten zu lassen.
Entsprechend dieser Strukturen sind Mitarbeiter, die jahrelang in einem solchen – eher sicherheitsorientierten und entscheidungsoptimierten – Gefüge gearbeitet haben, eher daran gewohnt, sich selbst abzusichern und nicht autonom entscheiden zu können. Sie kennen es in der Regel nicht anders, als sich an Vorgaben zu orientieren und haben vielleicht auch gelernt, dass Fehler sich schmerzhaft auf ihr Arbeitsverhältnis oder ihre Karriere auswirken oder andere unangenehme Konsequenzen wie Abmahnungen oder sogar Kündigungen auslösen können. Die Veränderung einer solchen Struktur dauert in der Regel viele Jahre.
Zudem gibt es ja auch nicht die einzig „richtige“ neue Organisationsform, sei sie agil oder collaborativ oder „new-workig“. Insofern können solche Veränderungsprozesse zu enormen Unsicherheiten bei Mitarbeitern oder sogar Kunden führen. Denn: es geht nicht nur darum Strukturen auszuwechseln, sondern vor allem auch darum, die Innenseite dieser Strukturen, das „Leben“ dieser Strukturen zu verändern. Das, was hier bei den beteiligten Mitarbeitern emotional passiert, ist ein wichtiger kritischer Erfolgsfaktor.
Alle Veränderungen machen (ganz viele) Gefühle. Wir haben als Menschen keine Chance, hierbei keine Gefühle zu haben. Wir haben aber die Wahl: die auftretenden Gefühle dabei zu verdrängen oder eben kreativ und konstruktiv damit umzugehen und sie zu nutzen.
Wenn sich also ein Unternehmen verändern möchte, und hier ist es völlig egal, ob das eine Veränderung sein soll, die „NewWork“ heißt oder in der es darum geht, sich dezentral oder zentral aufzustellen oder einfach neue Arbeitsmethoden einzuführen, dann bedarf es immer eines professionellen Umgangs mit den auftauchenden Emotionen bei allen Betroffenen und Beteiligten. Sonst besteht die Gefahr, dass jeglicher „Change“ im Widerstand oder in der Resignation stecken bleibt – „same procedure as last year“….

#Kultur fängt an der Wurzel an

Was bedeutet das jetzt für die Kulturveränderung? Auch hier gilt, dass die tiefe, emotionale Ebene entscheidend ist und nicht das, was ich an der Oberfläche sehe. Eine wirksame Kulturveränderung ist daher immer an der „Wurzel“ anzupacken. Wer kennt in diesem Zusammenhang das Beispiel von den Seerosen?
Wenn ich möchte, dass die Seerosen im Teich auf der rechten statt auf der linken Teichseite blühen sollen, kann ich ihre Köpfe einfach nach rechts ziehen. Das ist mühsam und sehr anstrengend, doch wenn ich lange und fest ziehe habe ich irgendwann alle Seerosen „rübergezogen“ und sie sind am anderen Ufer. Allerdings nur für kurze Dauer und nur an der Oberfläche. Denn was passiert schon nach einer kleinen Weile – und trotz aller meiner Anstrengung? Genau! Die Seerosen ziehen sich langsam und beharrlich wieder an das linke, ursprüngliche Ufer zurück. Auch wenn ich an ihren Köpfen gezogen habe – ihre Wurzeln sind immer noch tief an der linken Uferseite verwachsen. Ohne dass ich die Wurzel anpacke, kann ich so lange an den Köpfen ziehen, wie ich will – es wird sich nichts ändern.
Was Unternehmen also eigentlich angehen müssen, – wenn sie sich nicht jeden Tag aufs Neue hart und vergeblich anstrengen und abmühen wollen – sind die verborgenen, tieferliegenden Wurzeln zu erreichen. Das sind bei Mitarbeiter die Grundüberzeugungen, das eigentliche Wesen der Arbeitsbeziehungen und des Miteinanders. Hier geht es um das, was jeder wirklich will oder vielleicht auch zu leisten im Stande ist.


#Veränderungen sind immer ein Deal

Grundsätzlich ist es also bei NewWork nicht anders als bei jeder anderen Veränderung auch: Man muss Menschen dafür gewinnen und einen neuen gemeinsam getragenen Status quo aushandeln. Das bedeutet, ich kann nicht hingehen und sagen: „Wir machen jetzt NewWork“ und alle müssen sich jetzt dem anpassen, ob sie wollen oder nicht. Vielmehr ist es ein Geben und Nehmen: was bietet der Arbeitgeber, was gibt der Mitarbeiter auf und umgekehrt.
Für Führungskräfte, Personaler und alle diejenigen, die Veränderungen, insbesondere solche Kulturveränderungen in einem Unternehmen gestalten, heißt das, den rechtlichen Status Quo zu kennen und zu wissen, was meinem Gegenüber wirklich wichtig ist. Das kann beispielsweise das Büro, der Status, der Titel oder auch bestimmte Tätigkeiten sein oder auch eine garantierte Höhe der Vergütung. Hiervon wollen Mitarbeiter nicht unbedingt einfach abrücken, sondern ggf. auch eine Gegenleistung bekommen.


Und das kann in letzter Konsequenz auch bedeuten, dass es sehr schwierig sein kann, eine feste Wurzel zu verpflanzen, denn diese Seerose bleibt einfach an der linken Uferseite stehen. Nur weil eine Veränderung ansteht, sinnvoll und nützlich ist, bedeutet das nicht automatisch, dass alle bisherigen Mitarbeiter diese auch mitgehen wollen.


Wenn Mitarbeiter die Veränderung nicht mitgehen wollen und eine Verhandlung stockt, haben Unternehmen natürlich andere Möglichkeiten, neue Arbeitsformen zu realisieren. Sie können sich z.B. einen neuen Teich suchen – also z.B. mit Gleichgesinnten auf der grünen Wiese ein Start-up gründen. In diesem Konstrukt können Unternehmen Einheiten völlig neu aufbauen, ohne auf bestehende Regelungen Rücksicht nehmen zu müssen. Ich bin trotzdem der Auffassung, dass wir viele Möglichkeiten haben, auch innerhalb eines lange bestehenden Arbeitsverhältnisses neue passende Rahmenbedingungen zu vereinbaren. Hier kann Arbeitsrecht gut unterstützen und die notwendige Verbindlichkeit in den „Deal“ bringen. Aber, es geht eben nur gemeinsam.

#Empfehlung damit NewWork kein Slapstick wird…

  1. Der oberste Boss macht die Veränderung vor
  2. Er lebt die Begeisterung für das Neue.
  3. Mitarbeiter überzeugen durch klaren Nutzen
  4. Emotionale Seite einbeziehen – Gefühle sehen und anerkennen
  5. Fairen „Deal“ über Nehmen und Geben bei der Umsetzung schließen

#Fazit:

Damit NewWork und auch sonstige Veränderungen erfolgreich umgesetzt werden, sollten Unternehmen immer die emotionale Seite bei Veränderungen beachten. Eine Unternehmenskultur lässt sich nicht gegen den Willen von Mitarbeitern einführen oder umgestalten. Hier bedarf es eines „Deals“ zwischen Organisation und Mitarbeitern. Damit dieser gut und vertrauensvoll geschlossen werden kann, müssen Mitarbeiter von der Veränderung überzeugt sein. Für neue Arbeitsweisen zu begeistern, ist dabei der erste Schritt. Und der fängt ganz oben an.

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