Wie gehen wir um mit Krisen und Konflikten und welche Rolle spielt Kommunikation dabei? Das dürfen und müssen wir seit geraumer Zeit trainieren – auf der persönlichen Ebene, auf der Unternehmensebene und auf der gesellschaftlichen Ebene. Die Krisen unterscheiden sich in ihrer Strahlkraft. Manche berühren uns in unserer privaten Beziehung, manche in unserem beruflichen Setting und manche – etwa globale Ereignisse wie Kriege, Wahlergebnisse, politische Entscheidungen – tangieren uns alle.
Kommunikation gegen Krise & Konflikt
Kommunikation ist der universelle Schlüssel in und gegen Krisen und Konflikte. Kommunikation zu trainieren ist daher Pflichtsport gegen Zukunftsangst, gegen Radikalisierung, gegen Gleichgültigkeit. Der Normalzustand ist nicht das, woran wir uns im Westen in den Jahrzehnten von Freiheit, Wohlstand, Frieden gewöhnt haben. Er ist das, was wie uns gemeinsam hart erarbeiten – wenn wir über unsere Ziele, Bedürfnisse und Ansichten diskutieren.
Kommunikation auf der bilateralen Ebene
Zuallererst ermöglicht Kommunikation ein tieferes Verständnis zwischen den beteiligten Parteien. Durch offenen Dialog und den Austausch von Gedanken, Gefühlen und Perspektiven können Missverständnisse vermieden und potenzielle Konflikte frühzeitig erkannt und entschärft werden. Dies stärkt nicht nur die Beziehung zwischen uns als Individuen, sondern fördert auch das Vertrauen und die Empathie füreinander.
Kommunikation trägt dazu bei, Bedürfnisse und Erwartungen klar zu kommunizieren und Konfliktpunkte rechtzeitig anzugehen. Indem wir offen über Probleme sprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen, können Eskalationen vermieden und langfristige negative Auswirkungen auf die Beziehung vermieden werden.
Darüber hinaus fördert Kommunikation auch die Entwicklung von Konfliktlösungsstrategien und die Stärkung von Kompromissbereitschaft und Konfliktbewältigungsfähigkeiten. Indem wir lernen, konstruktiv mit Meinungsverschiedenheiten umzugehen und gemeinsam nach Win-Win-Lösungen zu suchen, können Konflikte in Chancen für persönliches und zwischenmenschliches Wachstum verwandelt werden.
Kommunikation ist zeitlos und – bis auf die Kommunikationstools – keinem Trend unterworfen. Sie betrifft jede Generation und sollte daher idealerweise in allen Lebensbereichen und Altersgruppen gefördert werden. Dies kann sogar die Einführung von Kommunikationsunterricht in Schulen einschließen, um die jeweils nächsten Generationen auf die Herausforderungen der zwischenmenschlichen Interaktion vorzubereiten.
Ein persönliches Kommunikationstraining oder Coaching kann dabei helfen, individuelle Kommunikationsfähigkeiten z.B. als Führungskraft. Teamleitung, Gründer oder Politiker zu verbessern und persönliche Herausforderungen in der zwischenmenschlichen Interaktion anzugehen. Durch gezielte Übungen, Feedback und Reflexion lernen Teilnehmende, ihre Kommunikationsmuster zu erkennen, ihre Ausdrucksweise zu verfeinern und ihre Fähigkeit zur Konfliktlösung zu stärken. Letztendlich ist Kommunikation nicht nur ein Werkzeug zur Bewältigung von Krisen und Konflikten, sondern auch ein grundlegendes Element für ein konfliktfreies Zusammenleben in allen Lebensbereichen.
Kommunikation im Arbeitsleben
Im Arbeitsleben spielt Kommunikation eine zentrale Rolle, da sie dazu beiträgt, Missverständnisse zu klären, Erwartungen zu klären und das Arbeitsklima positiv zu beeinflussen.
Indem Vorgesetzte und Mitarbeiter offen und klar kommunizieren, welche Erwartungen sie aneinander haben, können Missverständnisse vermieden werden. Dadurch wissen alle Beteiligten genau, was von ihnen erwartet wird, und können entsprechend handeln, was das Risiko von Konflikten verringert.
Wenn Probleme oder Unstimmigkeiten auftreten, ist es wichtig, dass Mitarbeitende und Führungskräfte offen darüber kommunizieren. Durch den Austausch von Perspektiven und die gemeinsame Suche nach Lösungen werden Konflikte frühzeitig erkannt und gelöst, bevor sie sich zu größeren Krisen entwickeln.
Eine offene und respektvolle Kommunikationskultur trägt dazu bei, ein positives Arbeitsklima zu schaffen, in dem sich Mitarbeitende wohlfühlen und produktiv arbeiten. Dies reduziert nicht nur das Risiko von Konflikten, sondern steigert auch die Motivation und das Engagement der Mitarbeitenden.
Die Mediation ist eine effektive Methode, um Konflikte am Arbeitsplatz zu bewältigen und das Konfliktmanagement zu verbessern. Sowohl präventiv als auch in akuten Streitsituationen kann Mediation in Einzelgesprächen oder Gruppenworkshops eingesetzt werden:
- Durch präventive Mediationstrainings können Mitarbeitende und Führungskräfte lernen, Konflikte frühzeitig zu erkennen und konstruktive Kommunikationsstrategien zu entwickeln. Dies kann dazu beitragen, das Konfliktpotenzial zu reduzieren und das Arbeitsklima zu verbessern.
- Wenn ein Konflikt am Arbeitsplatz eskaliert und die beteiligten Parteien nicht mehr in der Lage sind, ihn allein zu lösen, kann eine externe Mediation eingesetzt werden. Als neutrale Mediatorin unterstütze ich zum Beispiel Parteien dabei, ihre Standpunkte zu klären, ihre Interessen zu verstehen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, die für alle akzeptabel ist. Dies fördert nicht nur die Konfliktlösung, sondern stärkt auch die Beziehungen zwischen den Beteiligten.
Mitarbeitende, die mit ihrem Arbeitsplatz zufrieden sind, sind in der Regel auch mit ihrem Leben insgesamt zufriedener – und kommunikationsbereiter! Sie fühlen sich wertgeschätzt und respektiert, was sich positiv auf ihr Wohlbefinden und ihre Lebensqualität auswirkt.
Dies wiederum kann dazu beitragen, die soziale Stabilität und den gesellschaftlichen Frieden zu stärken, da ein harmonisches Arbeitsumfeld die Grundlage für eine stabile und produktive Gesellschaft bildet. Immerhin verbringen wir einen geraumen Teil unseres Lebens mit arbeiten.
Kommunikation in Politik & Gesellschaft
In der jüngsten Vergangenheit haben falsche Kommunikation oder Nichtkommunikation zu einer Verstärkung von Krisen geführt:
- In vielen Ländern wurde die Schwere der COVID-19-Pandemie zunächst nicht angemessen kommuniziert. Fehlinformationen, Uneinigkeit in der Kommunikation von Gesundheitsbehörden und politische Uneinigkeit haben zu Verwirrung, Misstrauen und einem Mangel an koordinierten Maßnahmen geführt, was die Bekämpfung der Pandemie erschwert hat.
- Die Kommunikation rund um den Brexit war von Uneindeutigkeit und Widersprüchlichkeiten geprägt, sowohl seitens der britischen Regierung als auch der EU. Das Fehlen klarer Informationen und die Uneinigkeit über die Folgen des Brexit führten zu wirtschaftlicher Unsicherheit, politischer Instabilität und einer tiefen Spaltung in der britischen Gesellschaft.
- Die Kommunikation über die Dringlichkeit und die Folgen der Klimakrise war uns ist immer noch oft unzureichend oder von Interessenkonflikten geprägt. Fehlinformationen und Ignoranz führten zu einer verzögerten Reaktion auf die Klimakrise und erschwerten die Umsetzung wirksamer und vor allem auch global abgestimmter Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen.
Fehlkommunikation bezieht sich dabei auf Situationen, in denen Informationen falsch verstanden oder unklar übermittelt werden, was zu Missverständnissen führen kann. Dies kann unbeabsichtigt geschehen, zum Beispiel aufgrund von Sprachbarrieren, unterschiedlichen Interpretationen oder unzureichender Kommunikation.
Mangelnde Kommunikation tritt auf, wenn es an einem angemessenen Austausch von Informationen fehlt, sei es zwischen Einzelpersonen, Gruppen oder Institutionen. Dies kann bewusst oder unbewusst geschehen, aber das Ergebnis ist eine Lücke im Informationsfluss, die zu Fehlinterpretationen, Unsicherheit und Konflikten führen kann.
Im Gegensatz dazu bezieht sich bewusste Desinformation, oder Fake News, auf die absichtliche Verbreitung falscher oder irreführender Informationen mit dem Ziel, bestimmte Interessen zu fördern oder die öffentliche Meinung zu manipulieren. Im Gegensatz zu Fehlkommunikation oder mangelnder Kommunikation ist bei Fake News die Absicht klar, die Wahrheit zu verdrehen oder zu verschleiern.
- Fake News verbreiten falsche oder irreführende Informationen, die die Öffentlichkeit in die Irre führen können. Dies kann zu einer Verzerrung der Realität führen und das Vertrauen in etablierte Institutionen und Medien untergraben.
- Fake News können gezielt eingesetzt werden, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen oder politische Agenden zu fördern. Durch gezielte Desinformation können Gruppen oder Individuen diffamiert oder bestimmte politische oder soziale Bewegungen diskreditiert werden.
- Fake News stellen eine ernsthafte Bedrohung für demokratische Prozesse dar, da sie die öffentliche Debatte und den politischen Diskurs verzerren können. Wenn Menschen falsche Informationen als wahr akzeptieren, können sie falsche Entscheidungen treffen und die Grundlagen der Demokratie untergraben.
Als Coach und Führungskraft ist es mir wichtig, dass Politiker und Personen, die in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit stehen häufiger Kommunikationstrainings wahrnehmen, um Krisen resilienter entgegentreten zu können. Ihr Beitrag zur Verbesserung der Qualität politischer Debatten und die Fähigkeit der Politik, auf Herausforderungen und Krisen angemessen zu reagieren, ist entscheidend für Konfliktfähigkeit ganzer Nationen.
Kommunikation – die Frage des Ortes
Für jede Art der Kommunikation ist die persönliche Kommunikation das, was uns als erstes einfällt. In den letzten Jahren haben wir auch die virtuelle Kommunikation trainiert.
Die Hürden bei asynchroner Kommunikation liegen vor allem in der Verzögerung bei der Rückmeldung und der möglichen Missinterpretation von Nachrichten. Da es keine unmittelbare Rückmeldung gibt, können Missverständnisse entstehen, und die Gefahr von Fehlkommunikation steigt. Zudem können nonverbale Signale und Nuancen in der schriftlichen Kommunikation verloren gehen, was zu einer unvollständigen Wahrnehmung der Nachricht führen kann.
Heutzutage ist es besonders wichtig, dass Menschen, die Verantwortung für andere übernehmen (Eltern für ihre Kinder, Führungskräfte für ihr Team, Politiker für ihre Bürger), immer auch an digitale Kommunikation denken – gerade auch über soziale Medien, so „unseriös“ uns das oft erscheint. Die Stärke radikaler Vereinigungen zeigt sich zuletzt immer wieder in deren Kompetenz dort zu kommunizieren, wo sich die gesellschaftliche Mitte (noch) nicht aufhält!
In einer zunehmend digitalen Welt ist die digitale Kommunikation oft die schnellste und effizienteste Möglichkeit, um miteinander in Kontakt zu treten und wichtige Informationen auszutauschen. Welche Inhalte hier als wichtig erachtet werden, hängt entscheidend von den Akteuren in bestimmten Kommunikationsblasen ab. Durch digitale Kommunikation können Informationen transparent geteilt und allen zugänglich gemacht werden. Dies ist besonders wichtig in Bereichen wie der Politik, wo Transparenz und Partizipation der Bürger entscheidend sind. Über Social Media erreicht man neue Zielgruppen auf anderen Wegen.
Es geht nicht darum, wie und wo wir gerne kommunizieren oder gewohnt sind zu interagieren, sondern wie und wo wir verstanden werden wollen und das Verhalten anderer verstehen lernen!
Fazit
Wir dürfen kommunizieren! Das ist ein großes Privileg. Darum bin ich überzeugt davon, dass wir auch kommunizieren müssen. Damit meine ich nicht, dass wir möglichst viel reden oder senden müssen, sondern dass wir üben müssen unseren Gegenüber zu verstehen. So schwierig das in manchen Fällen zu sein scheint – sei es in der Partnerschaft, im Mitarbeitergespräch oder wenn wir versuchen das Wahlergebnis in Russland oder die Vorwahlen in den USA zu verstehen.
Auf der bilateralen Ebene geht es ums Zuhören und Aufklären. Wenn Menschen sich gegenseitig verstehen, und zwar im Sinne eines „gemeinsam sind wir stärker“ und nicht als Neidgesellschaft, dann ersticken wir Konflikte im Keim.
Auf der Unternehmensebene geht es darum sinnvolle Arbeit zu leisten und gemeinsame Ziele zu verfolgen. Kommunikation dient hier vor allem dem gegenseitigen Lernen und der Wissensweitergabe. Fast nirgendwo sonst wie im Job kann man generationen- und kulturübergreifende Kommunikation so gut trainieren. Zu wissen, warum Mitarbeitende mehr oder weniger verdienen, andere Arbeitszeiten präferieren oder häufiger fehlen, schafft Verständnis und Vertrauen – wenn dem ganze ein faires und transparentes System zugrunde liegt.
Auf gesellschaftlicher und globaler Ebene haben wir das Recht zu wählen. Es nicht zu nutzen ist eine gefährliche Missachtung unseres Kommunikationsprivilegs. Wir dürfen demonstrieren gegen radikale Entwicklungen und unsere Meinung vertreten. Wir müssen mit Menschen ins Gespräch kommen, um deren Standpunkt zu verstehen und zu beeinflussen.
Wir können uns ehrenamtlich engagieren zugunsten derjenigen, die nicht mehr Teil der Gesellschaft sind und sie so wieder in den Kommunikationskreislauf einbeziehen.
Ausgrenzung ist Nicht-Kommunikation.
Also – wo nimmst du dir heute vor deinen Kommunikationsmuskel zu trainieren?