All you can Balance Britta Redmann

All you can balance. Der Hochseilakt neue Arbeitswelt

Inhalt

10 Mitarbeitende, 15 Wünsche und am Ende verhandeln wir 20 individuelle Arbeitsverträge. Früher haben sich Bedürfnisse summiert, heute scheinen sie sich exponentiell zu potenzieren.

Unsere Arbeitswelt gleicht immer mehr einem Hochseilakt. Flexibilität ist das neue Zauberwort – der Traum, die Arbeit an das Leben anzupassen, frei zu sein und gleichzeitig produktiv. Doch wie bei jedem Hochseil braucht es Balance, damit das System funktioniert. Arbeitgeber haben die anspruchsvolle Aufgabe, die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden zu erfüllen, ohne dabei den Überblick zu verlieren oder gar den Halt. Zu viele Wünsche, zu viele Modelle – und plötzlich schwankt das Seil bedenklich. Willkommen im Seiltanz der modernen Arbeitswelt!

Der Wandel: Von drei Modellen zu drölfzig

Vor vermeintlich gar nicht so langer Zeit war die Welt der Arbeitszeitmodelle übersichtlich. Es gab feste Zeiten, klare Strukturen, und alle wussten, was von ihnen erwartet wurde. Heute hat sich das Seil verlängert – wir balancieren zwischen Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit, Homeoffice, Teilzeit und Job-Sharing. Man könnte fast meinen, jeder Mitarbeitende tanzt auf seinem eigenen Drahtseil. Für HR und Führungskräfte bedeutet das: Flexibilität ist großartig, solange man nicht aus dem Gleichgewicht gerät.

Untersuchungen zeigen, dass Unternehmen heute mit einem breiteren Spektrum an Arbeitsmodellen konfrontiert sind als je zuvor. Dabei bieten mehr als 70 % der Unternehmen flexible Arbeitszeitmodelle an –das erfordert von HR-Abteilungen immer ausgeklügeltere Lösungen.

Als Arbeitgeber balanciert man also nicht nur auf einem Seil, sondern auf einem ganzen Netzwerk von Seilen. Wer da den Überblick behalten will, muss fast schon selbst Artist sein.

Work-Life-Balance: Vor allem ein Balanceakt für Führungskräfte


Work-Life-Balance ist eines der großen Versprechen der neuen Arbeitswelt – die Gen Z setzt sie quasi voraus. Mitarbeitende erwarten, dass sie ihre Arbeit flexibel gestalten können, ohne ihre persönliche Zeit zu „opfern“. Doch wie hält man die Balance, wenn jeder eine andere Vorstellung davon hat, was „Balance“ bedeutet? Für Führungskräfte ist es ein ständiges Jonglieren. Es gibt keine einheitliche Lösung, sondern immer individuelle Bedürfnisse (vielmehr: Ansprüche), die erfüllt werden müssen.

Flexible Arbeitsmodelle und Homeoffice-Angebote haben nachweislich zu einer Verbesserung der Work-Life-Balance und damit zur Zufriedenheit von Mitarbeitenden geführt. Gleichzeitig bleibt die Umsetzung dieser Flexibilität eine Herausforderung – und längst nicht ist der Zusammenhang zur Mitarbeiterbindung positiv!

Als Führungskraft fühlt man sich manchmal wie das gespannte Seil selbst… Und jeder Mitarbeitende hat einen anderen Trick im Ärmel, der die Balance gefährdet. Immerhin tanzen wir alle auf dem gleichen Seil…

Arbeitsrecht: Flexibel bleiben, aber bitte rechtskonform


Mit all der Flexibilität kommen auch rechtliche Herausforderungen. Früher war der Arbeitsvertrag zwar individuell, aber ein klar strukturiertes Dokument. Heute sind es höchst individuelle Vereinbarungen, Betriebsvereinbarungen und sich ständig ändernde gesetzliche Regelungen, die es zu beachten gilt. Kaum hat man eine Vereinbarung getroffen, ändert sich die gesetzliche Lage, und schon wackelt das Seil.

In den letzten Jahren sind viele neue Regelungen zu Arbeitszeit, Homeoffice und Flexibilität entstanden. Diese Anpassungen bedeuten für Unternehmen eine ständige Herausforderung, auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren, ohne dabei ins Ungleichgewicht zu geraten.

Das Arbeitsrecht ist dabei wie ein Tänzer, der immer einen Schritt hinter dem Rhythmus herhinkt. Es reagiert auf Entwicklungen, auf Geschehenes, auf Entscheidungen. Die Dynamik unserer Arbeitswelt wünscht sich aber eigentlich, dass wir proaktiv agieren. Führungskräfte, Arbeitgeber, HR – sie sollen doch bitte die Schwingungen des Seils vorab kennen (obwohl wir sie selbst auslösen).

Fluktuation: Das grünere Gras und der Ruf nach Stabilität


Ein weiteres großes Thema ist die Fluktuation. Mitarbeitende sind heute anspruchsvoller denn je und vergleichen ständig, wo das Gras grüner ist. Wenn das eigene Unternehmen nicht schnell genug auf neue Trends reagiert, wird gewechselt – und das Seil wackelt wieder. Einige Unternehmen flüchten aus diesem Hochseilakt, indem sie den Rückruf ins Büro starten, um wenigstens an einem Ende Stabilität zu schaffen. Doch dieser Rückzug ins Gewohnte ist oft nur eine kurzfristige Flucht.

Die Fluktuation hat in vielen Branchen zugenommen. Viele Mitarbeitende sind nicht mehr bereit, sich langfristig an ein Unternehmen zu binden, wenn ihnen anderswo bessere Konditionen geboten werden. Umgekehrt ist ihnen Jobsicherheit extrem wichtig. Dass sich so kein Seil spannen lässt, das verbindet, ist eigentlich leider klar, oder?

Während Unternehmen immer neue kreative Benefits anbieten, bleibt die Frage: Wären wir alle nicht glücklicher, wenn das Seil gar nicht mehr schwingen würde und alle einfach wieder ins Büro zurückkehren? Aber was wäre dann mit der versprochenen Freiheit? Wollen wir die als Mitarbeitende eigentlich oder wollen wir nur immer „mehr“ und sind dann doch selbst überfordert…

Führungskräfte: Hochseilartisten oder Tintenfische?


Zum Schluss die große Frage: Wie sollen Führungskräfte all diese Herausforderungen balancieren? Flexibilität, rechtliche Anpassungen, individuelle Wünsche – das alles erfordert nicht nur Fingerspitzengefühl, sondern mindestens acht Arme und noch mehr Ideen. Ein hochintelligenter Tintenfisch scheint die ideale Lösung zu sein. Denn während die KI die Komplexität der Vertragsbausteine managen kann, bleibt die Kunst des Hochseilakts – das Handling der Menschen und ihrer immer neuen Wünsche – eine Aufgabe, die nur kreative Köpfe meistern können.

Führungskräfte sind heutzutage nicht mehr nur Seiltänzer, sie müssen auch ein bisschen wie Tintenfische agieren – mit vielen Armen jonglieren und gleichzeitig immer wieder neue, kreative Lösungen finden. Immerhin hat ein Tintenfisch ausreichend Arne, um Seile zu spannen und selbst darauf in Balance zu bleiben ;-).

Wackliges (oder ausbalanciertes) Fazit


Gutes Gelingen, liebe Führungskräfte, bei eurem Hochseilakt. Bleibt flexibel, aber haltet das Gleichgewicht. Und liebe Mitarbeitende, denkt daran: Manchmal muss man auch einfach eine Entscheidung treffen und dabeibleiben.

Standfestigkeit als Zeichen von Vertrauen ist ein toller Benefit. Für alle Beteiligten.

Nach oben scrollen