Vergütung von Wissen Britta Redmann

No Pay – No Deal: was agile Vergütung nicht ist

Inhalt

Immer wieder bekomme ich Anfragen für Vorträge, Teilnahme in Expertenrunden und an Podiumsdiskussionen. Genau meine Welt, so was macht mir viel Spaß. Ich mag die Bühne für meine Themen, man trifft viele tolle Menschen und ich nehme immer wieder viele neue Ideen mit, die mich inspirieren. Und auch meine Ideen und Konzepte finden Anklang und diese Kontakte bestätigen mich ebenfalls, dass ich an etwas arbeite, das die Menschen – zumindest einen Teil der Gesellschaft – interessiert und ihnen vielleicht auch weiterhilft.
Und es ist ja auch genau meine Rede, dass Vergütung nicht allein in Geld besteht. (Achtung Werbeblock ;-): So habe ich mich mit dem Thema, wofür Menschen eigentlich arbeiten gehen ja ausführlich in meinem Buch „Vergütungssysteme gestalten: agil, rechtssicher und nicht-monetär“ beschäftigt.)
Doch was heißt das jetzt eigentlich auf einen Vortrag bezogen? Was ist hier der Vortrag bzw. der Speaker wert – oder müsste die Frage nicht noch anders gezogen werden, was bin ich mir hier als Speaker wert, eine entsprechende Vergütung zu verlangen?

Der Auslöser

„Wie seht Ihr eigentlich #Vorträge ohne #Vergütung, weil es ja für das eigene #Marketing ist? „Alles mitnehmen“ oder „Qualität kostet auch was“? Ich teile Wissen echt gerne und lerne selbst mit jedem Vortrag – aber so manche Anfragen sind doch seltsam, oder?

#Nachdenkfrage“

Diese Gedanken hierzu haben mich beschäftigt und so habe ich mich kurzerhand mal an meine Twittercommunity gewandt und diese Frage letzte Woche auf Twitter gestellt. Das alles geschah eher aus einer Emotion heraus und gar nicht mit einer bestimmten Absicht. Daher wird der Blogartikel vielleicht auch anders als meine üblichen Artikel. Diejenigen unter Euch, die hier häufiger mitlesen, werden vielleicht mehr Mensch als Arbeitsrechtlerin aus mir herauslesen. Aber genau diese Kombination bin ich ja! ☺
Die Anzahl der Interaktionen und als auch die Vielfalt der Reaktionen haben mich völlig überrascht. Es zeigt: Das Thema bewegt! Und was sich zusammenfassend sagen lässt ist, dass alle mit ihren Vorträgen einen Nutzen stiften, so dass die Zuhörer etwas aus dieser Leistung erhalten und für sich mitnehmen können. Was allerdings unterschiedlich schwer auszuhalten ist, dass es für diese (Vortrags-)Leistung häufig wohl keine unmittelbare finanzielle Gegenleistung gibt sondern in einigen Fällen eben nur eine „Marketingchance“.
Weil das so ist, habe ich die Antworten und Reaktionen einmal sortiert. Vielleicht hilft das auch Euch bei der Wahl von Referententätigkeiten.

Die Fälle

A. Referent und 100% selbständig

Christiane Brandes-Visbeck: „Da ich – auch – von meinen Vorträgen lebe, sind Honorare für meinen Lebensunterhalt wichtig. Die meisten Veranstalter stellen sich darauf ein. Es gibt jedoch Konferenzanbieter im High-end-Segment, die davon ausgehen, dass Speaker*innen alles dafür tun, auf ihrer Bühne zu stehen.“
Eigentlich logisch oder? Wer von der Referententätigkeit lebt, will eine Vergütung und wird nur bei sehr besonderen Bedingungen auf eine monetäre Gegenleistung zu verzichten.

B. Angestellt plus Nebentätigkeit

Kathrin Hartmann: „Lernen wir nicht bei jeder Aufgabe? Machen wir nicht immer einen spitzen Job und hoffen, dass unser Auftraggeber wiederkommt und uns weiter empfiehlt („Marketing“)? Ich trenne klar zwischen ehrenamtlicher Tätigkeit und Tätigkeit gegen Honorar. Die Höhe, nicht das Ob, ist verhandelbar.“
In der „Luxusrolle“ aus einer kombinierten Selbstständigkeit und einem Angestelltenverhältnis gibt es da schon mehr Raum zu jonglieren. Da mag vielleicht ein nicht finanziell vergüteter ehrenamtlicher Vortrag möglich sein, weil das Einkommen vorhanden ist. Trotzdem wird eine Leistung erbracht, in einer Zeit, die ja ansonsten eben auch für das „eigene Business“ anders genutzt werden könnte.

C. 100% angestellt und Fachreferent

Ole Reuss: Ich nehme nur Anfragen im Rahmen meiner Tätigkeit bei Volkswagen an. Niemals geht es um mich, immer um uns und Produkte. Für mich persönlich lehne ich Anfragen ab. Da mache ich lieber andere Sachen wie ein @CoderDojoBerlin oder kostenfreie workshops.“
Hier gilt natürlich in erster Linie die Regelung laut Arbeitsvertrag. Schließt der Arbeitgeber Nebentätigkeiten aus, sind Vorträge nur im Rahmen der vertraglich vereinbarten Tätigkeit möglich – ohne Vergütung. Ob sie grundsätzlich sinnvoll sind und Arbeitszeit hierfür verwendet werden darf, hängt von der Aufgabe ab. Vortragstätigkeiten dienen der Reputation des Unternehmens, welches dann idealerweise zumindest Fahrt- und Übernachtungskosten übernehmen sollte, wenn es einen Sinn in der Speakertätigkeit seiner Mitarbeiter*innen sieht. Umgekehrt gilt dies natürlich auch für den Veranstalter, wenn er einen Speaker aus einem Unternehmen als Praktiker/Experten für den Workshop oder die Konferenz gewinnen möchte.

Hier liebe ich die Idee von Katharina Krentz: Wenn ein Honorar vertraglich nicht erlaubt ist gerne beim Veranstalter anfragen, ob er das „gesparte“ Geld nicht spenden möchte. WinWin für den Veranstalter (Spendenbescheinigung plus Reputation) und die Spendenempfänger. Das lässt sich dann wirklich auch „vermarkten“!

D. Das Ehrenamt

Eines freut mich wirklich sehr: allen, die mit mir gemeinsam diskutiert haben, ist auf irgendeine Art und Weise das Ehrenamt sehr wichtig. Vom fest eingeplanten Zeitbudget bis hin zum eigenen Projekt: für ehrenamtliche, gemeinnützige Vorträge sind wir wohl alle bereit kostenfrei zu arbeiten. Und auch ohne dass wir hier einen Gegenwert im Sinne des Personal Branding erwarten. Gute Sachen gibt es oft zu wenige auf der Welt. Wie schön, dass wir hier so einer Meinung sind!

Mein Fazit

Auch wenn sich meine Vergütung als Personalleiterin und als selbstständige Anwältin und Coach nicht allein aus Honoraren zusammensetzt – es ist mir doch ein Anliegen, dass eine faire und angemessene Vergütung auch für Freiberufler und vor allem für Speaker erfolgt. Die Anzahl kostenpflichtiger (hochpreisiger) Konferenzen steigt zunehmend. Es wäre doch wünschenswert, dass dann auch die Qualität der Inhalte auf einem zumindest gleichen Niveau bleibt. Dies ist meiner Meinung nach nur dann möglich, wenn Speaker angemessen vergütet werden. Veranstaltungen, die ihre Slots lediglich als „Marketingzeitfenster“ anpreisen, werden dann auch das, was man erwarten kann: Dauerwerbesendungen. Das kann im Einzelfall trotzdem spannend sein. Die Wahrscheinlichkeit ist aber nicht hoch.

Konferenzen, die wirklich einen besonderen Marketingeffekt haben, weil sie eben auch selbst Marketing für ihre Referenten machen und im Nachgang Medienmaterial zur Verfügung stellen, sind eher selten. Diesen Vorteil dürfen gerade einmal eine Hand voll Konferenzen für sich verbuchen.

Den Trend dazu sich auf Konferenzen einzukaufen halte ich für verfehlt. Ohne Reputation und ohne echten Mehrwert in den Vortragsinhalten besucht dann letztlich doch keiner den Vortrag. Der einzige, der sich dann freuen kann, ist der Veranstalter – durch doppelte Einnahmen: Slot- und Ticketverkauf.

Ich werde meinen Grundsätzen treu bleiben: Mein Wissen gebe ich gerne weiter und freue mich, wenn Teilnehmer daraus einen Nutzen ziehen können. Vor allem, wenn andere daran mitverdienen, halte ich eine angemessene Vergütung für fair, denn: Jeder Vortrag ist für die Zuhörer und damit auch für die Veranstalter nützlich und recht fertig deswegen schon immer eine angemessene Vergütung.

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