Vertrauensurlaub als Bestandteil agiler Arbeit - Britta Redmann

Mobiles Arbeiten war gestern – Workation ist heute.

Inhalt

Urlaubszeit – für die meisten die schönste Zeit im Jahr. Da kann der Job noch so viel Spaß machen oder Sinn stiften. Die Idee der Workation als Kombination aus „Work and Life“ ist die eine Variante. Ein Sabbatical eine andere. Gerade hat das Unternehmen Einhorn angekündigt, für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit einen Anspruchsmonat auf ein Sabbatical zu gewähren – unabhängig davon, ob jemand in Teil- oder Vollzeit arbeite und neben dem Urlaubsanspruch. Das Sabbatical könne frei geplant werden, egal ob beispielsweise alle Monate am Stück oder gestaffelt.

Da scheint der Schritt zum Vertrauensurlaub doch marginal, oder?

Vertrauensurlaub – was ist das?

Der Begriff des Vertrauensurlaubs ist gesetzlich nicht definiert. Im Allgemeinen wird darunter verstanden, dass Mitarbeitende die Zahl ihrer jährlichen Urlaubstage eigenverantwortlich und selbständig bestimmen können. In der Realität ist eine Abstimmung im Team und mit den Vorgesetzten selbstverständlich üblich und notwendig. Ebenso wird in der Regel eine Vereinbarung über die Erreichung der vertraglichen Arbeitsleistung getroffen werden.

Chancen des Vertrauensurlaubs

Der Zweck des Urlaubs ist im Bundesurlaubsgesetz festgelegt: Urlaub dient der Erholung sowie dem Schutz der Gesundheit der Mitarbeitenden, um deren Leistungsfähigkeit wiederherzustellen. Daraus ergeben sich dann folgende Chancen eines Vertrauensurlaubs:

  • Erholte Mitarbeiter sind zufriedene Mitarbeiter. Aus Arbeitgebersicht kann ein positiver Effekt auf die Krankentage und die Motivation erzielt werden.
  • Der gewährte Vertrauensvorschuss kann zu einer höheren Identifikation mit dem Unternehmen führen und in der Folge zu einer höheren Mitarbeiterbindung.
  • Über kaum etwas wird so gerne gesprochen wie über Urlaube – positive Kommunikation sorgt für eine steigende Arbeitgeberattraktivität und ist sehr ansprechend für neue und gute Arbeitskräfte.
  • Flexibilität und Freiheit im Arbeitsverhältnis wird für Arbeitnehmende bei der Entscheidung für oder gegen ein Unternehmen immer wichtiger. In vielen Fällen wird Freizeit ein größeres Gewicht als eine Gehaltssteigerung zugemessen. Vertrauensurlaub ist also New Work und New Pay in einem.
  • Der Arbeitgeber kann entlastet werden, indem weniger Aufwand auf Planung und Genehmigung des Urlaubs verwendet wird. Urlaubstage können aufgrund der eigenen Verantwortung grundsätzlich ohne weitere Genehmigung durch Vorgesetzte genommen werden.

Gerade die Frage wer den Vertrauensurlaub genehmigt ist von entscheidender Bedeutung! Ganz weit ausgelegt entscheidet der Mitarbeitende völlig autark – auf Vertrauensbasis und selbstorganisiert eben. In der Praxis können hier einschränkende Regelungen getroffen werden. Etwa sollten Teams sich untereinander abstimmen, die Gesamtdauer des Mehrurlaubs kann begrenzt oder zumindest in Spannen geregelt werden, je nach Geschäftstätigkeit können einzelne Zeiten ausgeschlossen oder besonders bevorzugt werden.

Welche Stolpersteine sind zu beachten?

Das Bundesurlaubsgesetz kennt den Vertrauensurlaub nicht. Es legt aber fest, wie viel Urlaub jedem Beschäftigten in Deutschland mindestens zusteht (bei einer 5-Tage-Woche 20 Arbeitstage). Weniger Urlaub dürfen Arbeitgeber mit ihren Beschäftigten nicht vereinbaren.

Das Beachten der rechtlichen Vorgaben  muss auch im Zusammenhang mit Vertrauensurlaub zwingend sichergestellt werden. Schon aus diesem Grund empfiehlt sich eine ausdrückliche Vereinbarung. Darin sollte deutlich zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem Vertrauensurlaub unterschieden werden. Auch sollte geregelt werden, dass Urlaub zunächst auf den gesetzlichen Urlaub angerechnet wird. Ein vollständiger Entfall der Dokumentation kann demnach in der Realität kaum möglich sein.

Gleichzeitig sollte geregelt werden, dass sich Vereinbarungen aus dem Bundesurlaubsgesetz oder aus eventuellen Tarifverträgen NICHT auf den Mehrurlaub beziehen. Den Vertrauensurlaub sollte man zum Beispiel nicht auf das Folgejahr übertragen können. Immerhin könnte man sich dann ja nach einigen Jahren ein Stück näher an die Rente „heranurlauben“ ;-). Ein unwahrscheinlicher Fall – aber: Vertrauen ist gut. Transparenz ist besser!

Auch wenn Arbeitgeber über die Einführung von Vertrauensurlaub grundsätzlich frei entscheiden können, ist bei der Festlegung von Regelungen zur Inanspruchnahme die Einbindung des Betriebsrats unerlässlich! Denn hierbei handelt es sich um die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze, für die ein Mitbestimmungsrecht gilt.

Ebenso sollte geregelt werden, ob Vertrauensurlaub auch dann möglich ist, wenn ein Arbeitsverhältnis beendet wird. Für die Zeit zwischen der Kündigung und dem tatsächlichen Vertragsende mag es durchaus sinnvoll sein, abweichende Regelungen zu treffen. Gleiches kann für eine vereinbarte Probezeit gelten.

Fazit

Neben vielen anderen Formen flexibler und hybrider Arbeitszeit- und -platzgestaltung, ist das Konzept des Vertrauensurlaubs sicher auch eines, das auf die Arbeitgeberattraktivität einzahlen kann. Vertrauen ist per se die wichtigste Basis einer erfolgreichen Zusammenarbeit. Darum macht es durchaus Sinn, sich als Arbeitgeber auch mit den „schönsten Tagen des Jahres“ zu befassen. Freizeit ist eine nicht zu unterschätzende Währung unserer modernen Arbeitswelt!

Die Wahrscheinlichkeit, dass Arbeitnehmende das Konzept überbordend ausnutzen, besteht dann nicht, wenn es klare Regelungen zur Zusammenarbeit gibt und eine transparente Kommunikation. Und immerhin ist Urlaub dann am schönsten, wenn man sich auf ihn freuen kann. Und dazu muss zwischen den Phasen in den Bergen, am Meer oder im heimischen Garten ja immer wieder auch erfolgreich zusammenarbeitetet werden!

Quellen:

https://www.britta-redmann.de/mobiles-arbeiten-war-gestern-workation-ist-heute/
https://t3n.de/news/sabbatical-gruender-schenken-monat-pro-jahr-voll-bezahlt-1482071/
https://efarbeitsrecht.net/vertrauensurlaub-als-new-pay-ansatz-tipps-fuer-die-vertragsgestaltung/

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