Wann eigentlich ist ein Preis etwas wert? Und warum ist es so oft so, dass wir uns gegenseitig nicht wertschätzen oder (wie der Kölner sagt) etwas „jönne könne“?
Eine (juristisch nicht ganz ernste gemeinte) Aufarbeitung des Falls „Personio Award“.
Die Ausgangslage
Irgendwann mitten im trüben November bekam ich ein Mail. Ich sei unter den Nominierten zur Personio Top Voice für meinen HR- Blog. Meine erste Reaktion (und um das schon mal vorwegzunehmen: auch meine zweite und dritte): Ich habe mich gefreut. Stecken doch eine Menge Arbeit und Herzblut in diesem Blog, den ich konsequent einmal monatlich neben all den anderen Aufgaben, Projekten und Verpflichtungen schon seit mehreren Jahren betreibe und mit Inhalten befülle.
Dafür ausgezeichnet zu werden finde ich wertschätzend. Dass es durch ein Unternehmen passiert – warum nicht? Immerhin ist auch der Newsletter von Personio einer, den ich immer mit großem Interesse lese und der mein HR-Wissen durchaus bereichert. Mangelnde Marktnähe zumindest kann man hier kaum unterstellen.
Die Bewertungskriterien
Das Ranking beruht den Aussagen des Unternehmens zufolge auf quantitativen und umfassenden qualitativen Faktoren. Über 500 HR Influencer:innen hat man unter die Lupe genommen. Unterschiedlichste Kanäle untersucht. Nicht zuletzt wurde bewertet, ob nicht nur gesendet, sondern auch interagiert wird.
Klar: Da ist eine Menge Marketing mit im Spiel. Allein das Nominierungsverfahren (an dem wir alle inklusive der „Kritiker:innen“ übrigens hätten teilnehmen können) hat sicher ordentlich Traffic auf die Personio-Kanäle gespielt. Umgekehrt: auf LinkedIn und Co finden jeden Tag die schrägsten (und wenig sinnstiftenden) Umfragen statt. Trotzdem nehmen wir daran teil. Wir machen Content wertvoll. Wir sind dafür verantwortlich, was wir sehen und lesen. Wir machen den Wert eines Preises aus (oder eben nicht).
Ich selbst würde mich nie als Influencerin bezeichnen. Aber natürlich möchte ich – und da werden die meisten Menschen, die auf ihren Websites, Social-Media-Kanälen, auf Konferenzen oder in sonstigen Veröffentlichungen ihr Wissen und ihre Meinung teilen, mir zustimmen – sichtbar sein und gehört werden.
Das hat das Team von Personio getan. Es hat der HR-Bubble zugehört. Dass da ein ordentliches Stück Eigeninteresse dahintersteckt – geschenkt. Wir betreiben alle Personal Branding – Personio betreibt Employer Branding. Und das machen sie gut. Die Community dabei zu Superspreadern in eigener Sache zu machen – Chapeau!
Die Gegenargumente
Wer aber ist dieses Team? So lauten kritische Gegenstimmen. Das sei doch keine offizielle Jury.
Willkommen in Deutschland.
Hatte etwa keiner der an der Auswahl Beteiligten einen Professor:innentitel im Personalmanagement?
Niemand ein 25jährige Karriere als Personalvorstand eines DAX-Konzerns vorzuweisen?
Keine Stiftung dahinter oder zumindest eine öffentlich unabhängige Organisation?
Nein – ganz normale Menschen wie du und ich habe anhand von Kriterien, die sie festgelegt und an die sie sich – so zumindest darf man es vermuten – gehalten haben, haben die Preisträger:innen ausgewählt.
Ja, da sind „die üblichen Verdächtigen“ dabei. Was ja auch logisch ist, denn die sind nun mal aufgrund ihrer Präsenz und Reichweite sehr sichtbar und haben darum Einfluss (welchen genau kann der oder die Beeinflusste besser beurteilen). Es sind aber auch ganz viele Newcomer dabei, Menschen, die sich mit Nischenthemen beschäftigen.
Ich kenne viele der im Ranking aufgeführten, aber längst nicht alle. Bei ein paar Namen habe ich mich gefreut, sie hier wiederzusehen, bei manchen einfach mal nachgeschaut, wer das eigentlich ist und was sie oder er so treibt in Sachen HR. Es hat meinen Horizont erweitert und ob es das tut oder nicht, dafür sind wir selbst verantwortlich!
Mein Urteil
Danke – ich freue mich über die Auszeichnung, Ich habe auch gar keine Lust und kein Interesse daran, sie mir madig machen zu lassen. Nur, weil ein Unternehmen darum mehr Sichtbarkeit bekommt? Wie gesagt: „Man muss auch jönne könne.“
Da könnte ja jede:r kommen und Awards ausrufen. Stimmt. Macht aber nicht jede:r
Völlig richtig: Es hätte ja auch jede:r andere auf die Idee kommen können einen solchen Award ins Leben zu rufen. Der Aufwand dahinter ist bei allen Marketingeffekten sicher nicht unerheblich und es braucht schon eine gewisse Branchenexpertise, Engagement, Kreativität und Budget, um das so auf- und durchzuziehen.
Wenn wir dann irgendwann eine Award-Flut auf LinkedIn haben, treten vielleicht die schrecklichen Vertriebsnervensägen in den Hintergrund und die Erfolgs-Coaches gleich mit.
Wie viel der Award wert ist heute und in Zukunft: das wird man sehen. Für den Moment fühle ich mich wertgeschätzt. Wenn es den anderen Nominierten und Ausgezeichneten so geht wie mir, dann hat Personio viele Menschen glücklich gemacht. Das allein ist ein Ziel, nach dem wir häufiger streben sollten.
Für mich bedeutet es, dass meine Themen – Arbeitsrecht, Mediation und Coaching – in der bunten und sich ständig verändernden HR-Welt einen festen Platz haben.
Mit meiner Kombination aus „praktischem Personalmanagement“ mit Arbeitsverträgen,
Betriebsvereinbarungen, Beratungen im Konfliktmanagement, in Kündigungsfällen und allen Themen rund um die Zeiterfassung erlebe ich, dass es funktioniert: die nur scheinbar starren gesetzlichen Vorgaben mit einer absolut agilen Gestaltung von HR zu kombinieren und dafür auch noch gesehen und vergoldet zu werden: einfach gut! ….
Wir brauchen Rahmenbedingungen, an denen wir uns festhalten können in stürmischen Zeiten – das Arbeitsrecht ist eine solche „sichere Bank“. Und wir brauchen Menschen, die auf Basis solcher Vorgaben Neues wagen. Ein Award kann – muss aber nicht von einer altehrwürdigen Jury verliehen werden. Aber wir können alle jeden Tag im Kleinen Awards verleihen. Letztlich ist es nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Lob, ein Danke, ein Schulterklopfen. Wenn wir unserem Team heute sagen, dass es großartige Arbeit leistet, dann ist das eine Auszeichnung. Wenn die Community sagt, deine Arbeit ist wertvoll, dann darf man das einfach so akzeptieren und feiern. Das Sichtbarmachen von Erfolgen ist so viel inspirierender als das Neiden von Ideen.
Fazit
Nicht nur auf meiner Website sage ich: Als Rechtsanwältin, Mediatorin, Coach, systemische Beraterin, NLP Master, Motivationsexpertin, Dozentin, Strukturaufstellerin und Speakerin wende ich einen bunten Strauß an Lösungsmethoden an; frei nach dem Motto: „Richtig ist, was zum Erfolg führt“.
Ich finde, das trifft auf den HR Award von Personio sehr zu: „Richtig ist, was zum Erfolg führt“. Das darf gleichermaßen für den Erfolg des Preisträgers wie für den Preisgeber gelten.