Sie scheinen wir Pilze aus dem Boden zu schießen, es gibt sie in schrillen bunten Farben genauso wie clean und nüchtern. In Großstädten sind sie flächendeckend zu finden, auf dem Land stellen sie eher noch die Ausnahme dar. Auch ich habe inzwischen schon verschiedene Coworking Spaces kennen und lieben gelernt. Grund genug, die Geschichte dieser neuen flexiblen Arbeitszentren in einem Blogartikel zu beleuchten.
Die Geschichte
Da denkt man, dass so ein cooler Trend doch mindestens aus dem Silicon Valley, immerhin aber über den großen Teich zu uns rübergeschwappt sein muss – aber dem ist nicht so. 1995 war es, als in Berlin die erste gemeinschaftlich genutzte Arbeitsfläche entstanden ist. Ihr Ziel? Austausch und Gemeinschaft. Und der Zugriff auf Ressourcen insbesondere (und damit ist dann doch verständlich, dass dieser Trend aus Deutschland kommt 😉 eine garantierte und schnelle Internetverbindung.
Von da an hat die Entwicklung von Coworking Spaces (der Begriff ist seit 2005 etabliert) einen rasanten Lauf genommen. Spätestens WeWork hat das Geschäftsmodell auf eine neue Ebene gehoben und das Marktfeld zu einem lukrativen Geschäftsmodell ausgebaut.
Die Grundwerte
Auch wenn die Formen, Ausstattungen und Orte für Coworking keine Grenzen mehr zu kennen scheinen, haben sie doch alle die gleiche Basis:
• Collaboration: Die Themen der Coworker müssen überhaupt nichts miteinander zu tun haben – aber gegenseitige Hilfestellung kann gerade dann sinnvoll sein. Über den Tellerrand schauen bei einer gemeinsamen Kaffeepause. Aus der Komfortzone raus gehen aufgrund völlig verschiedener Sichtweisen
• Community: Gemeinschaftsveranstaltungen prägen das Coworking – dazu gehören Geben und Nehmen in Form von Infosessions, dem Teilen von Wissen und dem Lernen voneinader.
• Sustainability: gemeinsame Ressourcennutzung ist nachhaltig. Die Wiederverwendung von Material und Mobiliar prägt das Coworking. Dazu gehört auch die Nachhaltigkeit in den Gemeinschaftsräumen, für die alle verantwortlich zeichnen.
• Openness: Es gibt niemanden, der hier nicht hineinpasst – solange er oder sie sich den Grundwerten verbunden fühlt. Verantwortung und Vertrauen prägen die wechselnde und offene Gemeinschaft.
• Accessibility: Damit die Offenheit gelebt wird muss der Zugang niedrigschwellig sein. Das gilt auch beim Preis. Während es nach oben immer weniger Grenzen gibt bleibt ein Grundangebot erschwinglich.
Die besonderen Locations
WeWork bildet mit dem größten CoWorking Space in Deutschland auch heute noch den Benchmark: Der WeWork Atrium Tower in Berlin bietet Arbeitsplätze auf über 13000 Quadratmeter Fläche und über 14 Etagen.
Aber es geht auch kleiner: Coconat im 43-Seelen-Dorf Klein Glien vereint auf dem Gelände eines alten Gutshofs so ziemlich alles, was man mit Coworking und Coliving verbindet – HighTech trifft auf Lagerfeuer. Das Smart Village ist ein Vorzeigebeispiel für Landentwicklung.
Tropical Coworking ist genau das, wonach es klingt: Das KoHub auf der thailändischen Insel Koh Lanta. Unterkunft, 2 Mahlzeiten am Tag und alle technischen Annehmlichkeiten der Großstadt ab 700 €/Monat. Schade, dass man aber auch dort selbst arbeiten muss. Immerhin beruhigt dabei aber ZenZen-Wasserfallplätschern im Hintergrund. 🙂
Blick auf die Sydney Opera und die Harbour Bridge? Gibt es bei Fisburners und hier wird auch direkt klar, welche Möglichkeiten Coworking bietet. Denn zwischen dem kleinen Einzelbüro oder dem Tisch mit Steckdose bis zur Eventfläche mit perfektem Catering ist alles möglich. Völlig falsch ist das Bild, dass Veranstaltungen mit Müslischüssel in der Hand auf dem Sitzsack stattfinden müssen. Können sie aber.
Und klar, auch Bali ist nach wie vor Hotspot für Coworker und digitale Nomaden. Auf Platz 10 des Forbes Rankings der besten Coworking Spaces weltweit schafft es darum auch eines in Ubud – das Hubud. Arbeiten mit Blick auf kilometerweite Reisfelder – da ist auf jeden Fall kreativer Freiraum vorprogrammiert.
In die Ferne schweifen… das ist ein toller Nebeneffekt mobilen Arbeitens. Aber auch hier vor der Haustür machen Coworkings zunehmend mehr Sinn. Der inkludierte Tapetenwechsel, neue Blickwinkel, eine effektive Nutzung von Raum und Geräten – das sind nur einige der ganz praktischen Vorteile, die echt jeden Tag zählen.
Meine persönlichen Erfahrungen
Wenn ich unterwegs bin und ich z.B. für längere Texte (z.B. ein Buch schreiben ;-)) einen richtigen Schreibtisch schätze, dann bin ich immer sehr froh, wenn es ein Coworking in meiner Nähe gibt. Eines meiner schönsten Aussichtsplätze bisher war in Greinau: Dort gab es ein ganz kleines Coworking über zwei Etagen und einer komplett verglasten Fensterwand mit einem sensationellen Blick auf die Zugspitze. Zwar lag diese während meines Aufenthaltes weitgehend im Nebel – doch es war trotzdem ein Gefühl, als sei man fast selbst in der Natur draußen. In Aachen schätze ich das Nunzig, weil es mitten in der alten Tuchfabrik liegt und hier alten Industriecharme mit viel studentischem und frischem Spirit verbindet. Und richtig cool ist in Aachen natürlich die digital church!!! Eine alte Kirche, die zum Digitalisierungszentrum in Aachen umgestaltet wurde und wo auch der Digital Hub Aachen seinen Sitz hat. Anstatt auf Kirchenbänken sitzt man an offenen Arbeitsplätzen – es gibt aber auch die Möglichkeit, sich in die ehemalige Sakristei als Besprechungsraum zu buchen. Hier haben wir schon das ein oder andere kleine Teammeeting abgehalten J. In Leipzig war ich bisher vor allem im Simplioffice, das super zentral liegt und daher auch gerade für Meetings mit anderen Gesprächspartnern perfekt zu erreichen ist.
Die Sache mit der Diskretion
Auch wenn Coworking viele praktische Möglichkeiten mit sich bringt – nicht alle Tätigkeiten eigenen sich dafür. Wenn es darum geht, vertrauliche und sensible Daten zu verarbeiten oder auch Gespräche zu führen, dann muss der Datenschutz – und auch die Privatsphäre – gewahrt werden. Hier gibt es für mich als Anwältin ganz klare Rahmenbedingungen: Buchschreiben, Blogartikel, Konzepte oder auch mal der Workshop mit dem Kunden gehen wunderbar im Coworking. Vertrauliche Beratungsgespräche mit Mandanten gehören für mich dann aber doch in die eigenen Räumlichkeiten.
Fazit
Für wen eignet sich daher Coworking?
Sicherlich für alle Wissensarbeiter, die anstelle des eigenen Homeoffices ein gemeinsames Arbeitsumfeld mit anderen und damit auch die Möglichkeit eines unkomplizierten Austausches und Kontakts schätzen. Genauso bietet es sich für Projektteams an, hier gemeinsam an einem zeitlich begrenzten Thema fest an einem (Coworking)-Ort zusammen zu arbeiten. Und natürlich auch der Klassiker für StartUps: ohne große Investitionen in Räume kann hier in einem Coworking direkt losgelegt werden.
Und darüber hinaus? Für alle, wo es die Tätigkeit zulässt, woanders arbeiten zu können und die eben auch Spaß dran haben, sich mal aus der eigenen Komfortzone zu bewegen und sich andere Arbeitsumfelder erschließen wollen und den Austausch mit anderen mögen.
Quellen:
https://www.arbeit-und-arbeitsrecht.de/fachmagazin/fachartikel/coworking-szene-im-aufbruch.html
https://www.forbes.com/sites/kaviguppta/2016/07/15/where-to-work-the-10-best-coworking-spaces-on-earth/#1dbfe7bf5586