Bevor jemand schrei(b)t: natürlich ist das Arbeitsrecht genderneutral und natürlich räumt es jedermann und jederfrau die gleichen Rechte und Pflichten ein – aber heute am Weltfrauentag erlaube ich mir ein paar Regelungen (zufälliger Weise 8 zum 8.März ) herauszupicken, die besonders Frauen dabei unterstützen können, dass wir ein Stück weiter Richtung Gleichberechtigung und Vereinbarkeit kommen. Es geht mir dabei vor allem um das Sichtbarmachen dessen, was möglich ist – und mehr geht natürlich immer!
1. Der Klassiker unter den Regelungen: das Gleichbehandlungsgesetz
Das AGG verbietet die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und anderer persönlicher Merkmale im Arbeitsleben. Es gibt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Instrument an die Hand, um sich gegen Diskriminierung zu wehren.
2. Nur für Mütter: Das Mutterschutzgesetz
Das MuSchG schützt Frauen während und nach der Schwangerschaft sowie bei der Stillzeit. Die wichtigsten Punkte sind:
• Beschäftigungsverbote: Das Gesetz legt fest, dass Schwangere in bestimmten Situationen nicht arbeiten dürfen. Dazu gehören zum Beispiel Tätigkeiten, die eine erhöhte Gefahr für die Gesundheit von Mutter oder Kind darstellen, wie zum Beispiel das Arbeiten mit bestimmten Chemikalien oder das Heben schwerer Lasten.
• Kündigungsschutz: Schwangere Frauen und Mütter haben besonderen Kündigungsschutz. Während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung darf ihnen nicht gekündigt werden.
• Arbeitszeitbeschränkungen: Schwangere Frauen dürfen nicht mehr als acht Stunden täglich und nicht mehr als 80 Stunden in der Doppelwoche arbeiten. Auch Nachtarbeit und Sonntagsarbeit sind in der Regel verboten.
• Mutterschutzfristen: Frauen haben Anspruch auf sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung Mutterschutzfristen. In bestimmten Fällen, wie bei einer Frühgeburt oder Mehrlingsgeburt, verlängert sich die Frist.
• Stillzeit: Frauen haben nach der Entbindung das Recht auf eine Stillpause von insgesamt mindestens eine Stunde pro Arbeitstag.
• Freistellungsmöglichkeiten: Schwangere Frauen und Mütter haben das Recht auf Freistellung von der Arbeit für Untersuchungen, Vorsorgeuntersuchungen und zur Teilnahme an Geburtsvorbereitungskursen.
3. Ein Gesetz für „alle“: das Elterngeld- und Elternzeitgesetz
Das BEEG ermöglicht es Müttern und Vätern, Elternzeit zu nehmen und in dieser Zeit für die Betreuung ihres Kindes da zu sein. Gut zu wissen:
• Eltern haben Anspruch auf unbezahlte Elternzeit bis zum dritten Geburtstag des Kindes. Dabei kann die Elternzeit zwischen den Eltern aufgeteilt werden.
• Eltern haben Anspruch auf Elterngeld, wenn sie sich um ihr neugeborenes Kind kümmern und ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen oder reduzieren. Das Elterngeld soll einen Teil des Einkommensersatzes während der Elternzeit abdecken.
• Eltern haben Anspruch auf zusätzliche Partnermonate, wenn beide Elternteile gleichzeitig Elternzeit nehmen. Väter können dadurch bis zu 4 Monate Elterngeld in Anspruch nehmen.
• Eltern haben das Recht, während der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten, sofern der/die Arbeitgeber:in zustimmt.
• Während der Elternzeit haben Eltern Kündigungsschutz. Dies gilt bis zum Ende der Elternzeit, jedoch nicht länger als zwölf Monate nach der Geburt.
• Arbeitgeber:innen dürfen Eltern nicht benachteiligen, wenn sie Elternzeit in Anspruch nehmen oder in Teilzeit arbeiten wollen.
4. Auf dem Weg Richtung „gleiche Gehälter für gleiche Arbeit“: das Entgelttransparenzgesetz
Ein weiterer wichtiger Schritt ist das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen, das seit dem 6. Juli 2017 in Kraft ist. Ziel ist es, das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit“ in der Praxis stärker durchzusetzen. Dafür umfasst das Gesetz folgende Bausteine:
Arbeitgeber:innen mit einer Belegschaft von mehr als 200 Beschäftigten müssen ihren Mitarbeitenden auf Anfrage Auskunft darüber geben, nach welchen Kriterien sie wie bezahlt werden. Zudem sind private Arbeitgeber:innen mit mehr als 500 Beschäftigten aufgefordert, regelmäßig betriebliche Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit durchzuführen. Arbeitgeber:innen, die lageberichtspflichtig sind und mehr als 500 Beschäftigte haben, müssen darüber hinaus regelmäßig über den Stand der Gleichstellung und der Entgeltgleichheit berichten, wobei diese Berichte für alle einsehbar sind.
Für Aufsehen gesorgt hat hier das Urteil des BAG vom 16.2.2023 mit dem es entschieden hat, dass Arbeitgeber:innen Verdienstunterschiede von Frauen und Männern nicht mehr mit ihrem unterschiedlichen Verhandlungsgeschick begründen können. Gibt der Arbeitgeber:innen höheren Lohnforderungen eines Mannes nach, muss er den gleichen Lohn auch einer gleich qualifizierten Kollegin bezahlen, entschied das Gericht in einem Grundsatzurteil. Es sprach der Klägerin eine Gehaltsnachzahlung und eine Entschädigung zu.
5. Noch ein Klassiker: Das Arbeitszeitgesetz
Das ArbZG enthält Regelungen zur Arbeitszeit. Es soll auch die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmenden schützen, indem es z. B. Mindestruhezeiten und Höchstarbeitszeiten vorschreibt. Das Arbeitszeitgesetz ist natürlich kein „Frauengesetz. Aber es sollte hier noch einmal klar werden, dass es für alle Arbeitnehmende gilt – es muss also nicht eine:r mehr als der/die andere arbeiten!
6. Eine oft verkannte Power in Sachen Gleichstellung: das Betriebsverfassungsgesetz
Das BetrVG regelt die Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Betrieb. Es soll auch Frauen dabei unterstützen, ihre Interessen und Bedürfnisse in Bezug auf Familie und Beruf im Betrieb einzubringen.
Betriebsräte haben gemäß § 80 Absatz 1 BetrVG das Recht, bei der Einstellung von Mitarbeitenden auf die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu achten. Sie können auch Initiativen ergreifen, um Frauen gezielt zu fördern, etwa durch die Einrichtung von Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder durch die Förderung von Frauen in Führungspositionen.
7. Die berühmte Quote – das Führungspositionen-Gesetz
Mit dem Zweiten Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II) gelten seit August 2021 weitere Vorgaben in den Vorstands- und Aufsichtsgremien deutscher Unternehmen. Das FüPoG wurde im Jahr 2015 in Deutschland verabschiedet und hat zum Ziel, die Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst zu fördern und zu erhöhen. Das Gesetz schreibt Unternehmen bestimmte Quoten vor, die sie erfüllen müssen, um sicherzustellen, dass Frauen in Führungspositionen angemessen vertreten sind. Für die Privatwirtschaft sieht das FüPoG II zudem die Möglichkeit einer Mandatsstilllegung von Vorstandsmitgliedern wegen Mutterschutz, Elternzeit, Krankheit oder Pflege eines Familienangehörigen vor.
Das FüPoG II gilt nicht für alle Unternehmen sondern für
• börsennotierte Aktiengesellschaften und börsennotierte Europäische Gesellschaften (SE),
• GmbHs, die dem Mitbestimmungsgesetz unterliegen, das heißt, mindestens 2.001 Mitarbeiter beschäftigen, und
• bestimmte Unternehmen, an denen die Bundesrepublik Deutschland als Gesellschafter beteiligt ist.
Diese Unternehmen müssen eine bestimmte Quote von Frauen in Führungspositionen erreichen oder eine Erklärung abgeben, warum sie diese Quote nicht erreichen konnten. Das Gesetz sieht auch Strafen für Unternehmen vor, die sich nicht an die Vorschriften halten.
8. Ja, auch Teilzeit & Minijob bleiben eine gute Option – für Frauen & (!) Männer: das Teilzeit- und Befristungsgesetz und die Minijobgrenze
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (kurz: TzBfG) heißt offiziell mit vollem Namen „Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverhältnisse“. Es regelt die Rechte der in Teilzeit und in befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigten Arbeitnehmer. Außerdem gibt das TzBfG Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen das Recht zur Verringerung ihrer Arbeitszeit und enthält Regelungen über die Befristung von Arbeitsverhältnissen und über die Arbeit auf Abruf. Die neuesten Änderungen im Minijobgesetz traten am 1. Oktober 2022 in Kraft. Hierzu gehören z.B. die Erhöhung des monatlichen Verdienstlimits von 450 Euro auf 520 Euro pro Monat.
Seit 2019 ist die Brückenteilzeit im Teilzeit- und Befristungsgesetz gesetzlich verankert: Beschäftigte können bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ihre Arbeitszeit für einen bestimmten Zeitraum reduzieren, um anschließend wieder zu ihrer ursprünglichen Arbeitszeit zurückzukehren.
Übrigens sind alle Minijobber:innen auch Teilzeitkräfte im Sinne des TzBfG – aber nicht umgekehrt!
Fazit
Die rechtliche Absicherung von Frauen ist grundsätzlich sehr umfänglich. Nach wie vor ist es aber so – und das lässt sich nicht wegdiskutieren – dass es viel zu viele „Frauenberufe“ ODER „Männerberufe“ gibt. Diese Prägung liegt weit vor dem Punkt, in dem gesetzliche Regelungen greifen. Letztere versuchen teilweise das zu heilen, was vorher schon sehr separierend wirkt – sei es Elternhaus, Kita oder Schule. Nach wie vor – auch das ist ein Fakt – gehen Frauen aus dem Bedürfnis (oder dem gesellschaftlichen Druck) heraus, sich um ihre Familie zu kümmern, oft in Teilzeit oder entscheiden sich gegen eine Karriere.
Hier wären eine gute Kinderbetreuung und letztlich auch die Reduzierung der Arbeitslast in herausfordernden Berufen für Männer die Lösung, so dass sowohl Männer als auch Frauen mehr Freiraum für die Familienarbeit haben. Es ist nicht das Arbeitsrecht allein, dass Wege bereiten kann und muss. Wir sind alle als Gesellschaft gefordert die finanzielle Schlechterstellung von Frauen und die geringe Quote von Frauen in Führungspositionen zu überwinden.
Unbedingt aber sollten wir die gesetzlichen Spielräume nutzen und gestalten!