Urlaubszeit statt Arbeitszeit Britta Redmann

Urlaub „all you can take“

Inhalt

Es ist Ferienzeit – eine der schönsten Zeiten im Jahr. 

Direkt steigen Bilder von Strand oder Bergwelten in uns auf… allein beim Gedanken an Urlaub fühlen wir uns oft schon wohler. Wie wunderbar wäre es jetzt noch, wenn man – ähnlich beim „all-you-can-eat-buffet“ – von dieser schönsten Zeit des Jahres so viel nehmen könnte, wie man wollte – Mal ganz ehrlich: wen würde das nicht reizen? Doch so fern ab ist dieses Angebot gar nicht mehr: es gibt durchaus StartUps, die genau das praktizieren und Mitarbeitern unbegrenzten Urlaub anbieten. Und auch einige etablierte Unternehmen öffnen sich neuen Arbeitsformen und wollen mit Urlaubsregelungen punkten, um attraktiv für gefragte Arbeitskräfte zu sein. Die einem solchen Modell zugrunde liegenden rechtlichen Gestaltungen können hier jedoch ganz unterschiedlich sein.
Eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit ist für viele Mitarbeiter genauso ein Bedürfnis wie der konkrete Wunsch nach mehr freien Tagen. Dabei möchten nicht alle Mitarbeiter direkt ein Sabbatical, sprich eine längere Auszeit am Stück nehmen. Es geht hier oftmals um das Anliegen, einfach mehr „freie“ Tage zur eigenen Verfügung zu haben und dies kann in unterschiedlichen Lebensphasen sich auch ganz anders darstellen. Wenn wir von Flexibilisierung von Arbeitszeit sprechen und Unternehmen sich hier ebenfalls als attraktive Arbeitgeber zeigen wollen, spielt der „Urlaub“ daher eine mitentscheidende Rolle.
Nicht nur zum Ferienstart daher einige Tipps, wie sich mehr Freizeit in einem Unternehmen umsetzen lassen könnte:

Zukauf von Urlaub

Eine Variante kann ganz pragmatisch sein, dass sich Mitarbeiter freie Tage „erkaufen“ können. Die Komponente „mehr Urlaub statt Gehalt“ wird dem Zeitgeist nach mehr verfügbarer eigener Zeit gerecht. So gibt es einige Beispiele von Unternehmen, in denen Mitarbeiter die Anzahl ihrer Urlaubstage erhöhen, dafür aber weniger Gehalt in Kauf nehmen. Pro zusätzlichen freien Arbeitstag kann beispielsweise das Gehalt um einen bestimmten prozentualen Anteil abgesenkt werden. Das Entgelt wird damit an die geringere Leistung angepasst. Im Prinzip zahlt das Unternehmen dann für weniger Arbeitsleistung auch weniger Geld.
Eine Alternative hierzu können auch freie Tage sein, die im Sinne einer „Leistungsprämie“ erworben werden können. Bei Erreichen einer bestimmten Gewinngröße kann der Mitarbeiter dann z.B. wählen, ob er sich die Prämie in Geld oder in Zeit „auszahlen“ lassen will. Statt einer Geldprämie gibt es dann eine entsprechend umgerechnete Zeitprämie.
Im Wesentlichen entspricht dies auch dem aktuellen Prinzip der Tarifverträge in der Metall- und Elektroindustrie und der Deutschen Bahn.

Gewährung von „Mehr-Urlaub“

Eine weitere ebenfalls ganz einfach umzusetzende Lösung ist, dass der Arbeitgeber mehr Urlaubstage als gesetzlich oder tariflich vorgesehen gewähren kann ohne dabei das Entgelt anzupassen. (Wir haben das ja schon oft bei den fast schon „üblichen“ 30 Urlaubstagen: das sind bereits 10 Tage mehr als es das Bundesurlaubsgesetz bei einer 5-Tage-Woche vorsieht.) Die Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes sind Mindestbedingungen und bezogen auf die Anzahl der Urlaubstage „nach oben hin“ offen.
Zusätzliche freie Tage im Kalenderjahr können einzelvertraglich vereinbart werden. Sie können ohne besonderen Grund gewährt werden. Entsprechende Vereinbarungen erfolgen ganz auf freiwilliger Basis seitens des Arbeitgebers. Sie können temporär oder auch als dauerhafte Regelung vereinbart werden.

Wichtig zu bedenken:

! Wenn die Möglichkeit offen gehalten werden soll, die Urlaubstage auch wieder zu reduzieren, bedarf es hier klarer vertraglicher Regelungen.
! Das Entgelttransparenzgesetz und der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sind zu beachten.
Wird in einem Unternehmen die Handhabung der Anzahl der Urlaubstage unterschiedlich mit Mitarbeitern vereinbart, obwohl sie eine gleiche oder vergleichbare Tätigkeit ausüben – und liegt nicht der oben geschilderte Fall eines „Abkaufes“ zugrunde -, so bekommt derjenige mit mehr Urlaubstagen „mehr Gehalt“ bzw. mehr Vorteile für das, was er an reiner Arbeitszeit leisten muss als eben seine Kollegen. Damit könnte der Arbeitgeber ggf. gegen das Entgelttransparenzgesetz als ggf. auch gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Dieser besagt, dass der Arbeitgeber bei begünstigenden Maßnahmen einzelnen Mitarbeitern gegenüber keinen Arbeitnehmer aus willkürlichen Gründen schlechter behandeln darf als andere Kolleginnen und Kollegen, die mit ihm vergleichbar sind.

Arbeitszeitfreiheit

Steht im Vordergrund, dass der Mitarbeiter seine Arbeitszeit selbst, frei und eigenständig plant, dann geht es hier um eine Arbeitszeitfreiheit. (Das ist oft bei Mitarbeitern der Fall, die ganz selbständig Projekte planen und durchführen oder auch u.U. bei der Vertrauensarbeitszeit). Der Mitarbeiter darf ganz alleine entscheiden, wann er arbeitet, allerdings unter der Vorgabe, dass die anstehenden Arbeitsaufgaben zu erledigen sind. Arbeitet er nicht, ist das jedoch nicht zwingend mit Urlaub gleichzusetzen sondern arbeitsfreie und auch nicht vergütete Zeit.
Vertrauensurlaub
Gerade im NewWork Umfeld gibt es einige mutige Unternehmen die ähnlich wie bei der Vertrauensarbeitszeit ihren Mitarbeitern einen sogenannten „Vertrauensurlaub“ gewähren. Hierbei werden Urlaubstage vereinbart, allerdings verzichtet der Arbeitgeber bewusst darauf zu kontrollieren, ob die vereinbarten Urlaubstage auch vom Mitarbeiter genommen werden. Rechtlich ist es möglich, auf die Kontrolle zu verzichten, so dass Mitarbeiter hier ganz autonom ihren Urlaub nehmen – oder auch nicht nehmen – können.

Wichtig zu bedenken:

! Auch wenn der Mitarbeiter seinen Urlaub nicht antritt, so hat er trotzdem einen Anspruch auf die Urlaubstage. Der Arbeitgeber wird also nicht davon „befreit“ ihm diese Urlaubstage irgendwann später zu gewähren. Insofern ist hier eine vertragliche Gestaltung sehr sorgfältig zu formulieren, was dann mögliche Abgeltungsansprüche von Urlaubstagen z.B. dann bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses anbelangt.

Urlaubs-Flatrate

Ist es dem Mitarbeiter dagegen gestattet, über dem gesetzlichen oder tariflichen Mindesturlaub hinaus so viel Urlaub zu nehmen wie er möchte, dann handelt es sich um eine „Urlaubs-Flatrate“. Auch diese ist rechtlich möglich, allerdings ist es so, dass eine vertraglich zugesagte Urlaubs-Flatrate nicht einseitig wieder abgeändert werden kann. Dies geht nur gemeinsam unter freiwilliger Mitwirkung des Mitarbeiters. Und auch, wenn keine klare vertragliche Regelung zur Anzahl der Urlaubstage getroffen wurde und ein bezahlter unbegrenzter Urlaub mindestens drei Mal hintereinander vom Arbeitgeber gewährt wurde, kann hier ggf. eine entsprechende Bindung durch eine betriebliche Übung entstanden sein, die einseitig nicht mehr abgeändert werden kann.

Wichtig zu bedenken:

! Keine einseitige Abänderung mehr möglich.
! Betriebliche Übung ist zu beachten.

Der Klassiker: Sabbatical

Für längere Auszeiten am Stück, die über den geregelten Urlaub und freie Tage hinausgehen, bietet sich ein Sabbatical an. Diese Form der Freistellung ermöglicht Mitarbeitern Zeit für Weiterbildung, persönliche Weiterentwicklung, längere Reisen oder einfach nur eine für sie „ganz frei verfügbare“ Zeit zu haben. So kann eine zeitlich befristete berufliche Auszeit für beide Seiten des Arbeitsverhältnisses Vorteile bringen. Einen gesetzlichen Anspruch auf ein Sabbatical gibt es nicht, allerdings gewähren immer mehr Unternehmen einen solchen Anspruch. Hier empfiehlt sich eine einzelvertragliche Regelung über den Umfang sowie die zeitlichen und finanziellen Konditionen. In vielen größeren Unternehmen gibt es auch Betriebsvereinbarungen für ein Sabbatical.

„Urlaubsgestaltung in Organisationen“

Urlaubsgestaltung Arbeitsrecht Britta Redmann

Fazit

Mit Vereinbarungen zu mehr Urlaubstagen lässt sich schon heute viel regeln, was die Ressource „Zeit“ betrifft. Welches Modell dabei das passende ist, hängt sicherlich entscheidend von den einzelnen Bedürfnissen der Mitarbeiter als auch des Unternehmens und natürlich auch von der Kultur im jeweiligen Unternehmensumfeld ab. Hier helfen klare Rahmenbedingungen, die die notwendige Transparenz und Unterstützung für alle Beteiligten schaffen, was genau und zu welchen Konditionen bezweckt bzw. gelten soll. Urlaub so viel man möchte genießt sich für alle Seiten am besten auf Grundlage einer verlässlichen Arbeitsbeziehung

Quellen/Hinweise:

1) Redmann, Vergütungssysteme gestalten: agil, rechtssicher und nicht-monetär, Haufe 2019
2) Was ist gerecht? Edition brand eins Neue Arbeit 2/2018
3) Grafik/Tabelle: B. Redmann
4) Photo by Wynand van Poortvliet on Unsplash

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